Westdeutsche Allgemeine Zeitung
WAZ: Leitartikel von Uwe Knüpfer zum Thema Kulturhauptstadt Europas: Brüssel, wir kommen
Essen (ots)
Nun wird sich mancher wundern. Schon deshalb hat es sich gelohnt, für Essen und das Ruhrgebiet, Kulturhauptstadt Europas werden zu wollen: weil nun viele ein zweites Mal hinsehen - und, so sie bereit sind, die Augen zu öffnen, ein für sie neues Ruhrgebiet erkennen werden.
Schon in der ersten Runde hat die Ruhrstadt Köln und Münster hinter sich gelassen. Schon das hat Überraschung ausgelöst, nicht nur in Köln und Münster. Doch damals sahen nur Rheinländer und Westfalen hin. Dieses Mal war die halbe Republik beteiligt.
Dieses Mal hat sich Essen gegen Bremen und Braunschweig, Regensburg und Halle, Karlsruhe, Kassel und Potsdam durchgesetzt. Selbstverständlich war das nicht. Sagen wir es so: Die Stärken Essens und des Ruhrgebiets dürfen nicht als bekannt vorausgesetzt werden. Zudem erschließen sie sich nicht auf den ersten, flüchtigen Blick. Das Ruhrgebiet ist nun einmal keine pittoreske Kleinstadt. Es ist eine Stadt der Städte - aber gerade deshalb ein Modell für Europa. Es spricht für die Qualität der Essener Bewerbung, die Klugheit seiner Planer, dass es gelungen ist, ein zweites Mal eine fachkundige und neugierige Jury zu überzeugen. Das Votum der Jury war eindeutig und einmütig. Daran sollte kein Politiker mehr herumbosseln wollen.
Kassel und Potsdam und die anderen sollten sich nun als gute Verlierer beweisen.
Nur Görlitz ist, neben Essen, im Rennen geblieben. Zweifellos gäbe auch Görlitz eine würdige Kulturhauptstadt Europas ab; wegen seiner Geschichte, seiner Schönheit und vor allem seiner guten Nachbarschaft mit Polen.
Das Ruhrgebiet ist anders. Größer, unübersichtlicher, in sich widersprüchlicher. Wandel durch Kultur, Kultur durch Wandel: dies ist das Essener Bewerbungsmotto. Es verlangt Mut. Den Mut, einen Schritt ins Ungewisse zu tun; voller Hoffnung und Neugier. Wir an der Ruhr wollen 2010 ein Fest für Europa feiern. Dem steht jetzt nicht mehr viel im Wege. Glückauf!
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