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WAZ: Die Mindestlohn-Debatte: Moderne Ausbeutung - Leitartikel von Uwe Knüpfer
Essen (ots)
Die Debatte über Mindestlöhne bietet ein treffliches Beispiel dafür, wie hierzulande richtige Ideen zermahlen, zerredet und abgeheftet werden. Das Problem ist leicht zu beschreiben und nicht zu leugnen: In zahlreichen Branchen werden heute, mitten im Hochlohnland Deutschland, Menschen zu frühkapitalistischen Bedingungen beschäftigt. Etwa in der Gastronomie, auf Schlachthöfen, in der Landwirtschaft werden Arbeitern oft Hungerlöhne gezahlt und Arbeitszeiten abverlangt, die unanständig sind. Kündigungsschutz? Fehlanzeige. Im Sinne des Wortes ausgebeutet werden vor allem Ausländer, die nicht oder schlecht Deutsch sprechen. Aber auch Deutsche arbeiten oft unter Tarif. Wer anderes behauptet, sagt entweder bewusst die Unwahrheit, oder er kennt die Welt nicht. In einer idealen Welt wären alle Arbeitsverhältnisse tarifvertraglich geregelt. Leider ist die Welt nicht ideal. Die Globalisierung und Europas offene Grenzen sorgen dafür, dass jede Regelung, die unterlaufen werden kann, auch unterlaufen wird. Gerade wer sich über offene Grenzen freut und die Marktwirtschaft für das beste aller Wirtschaftssysteme hält, muss dafür sorgen, dass die Begriffe Europa und Globalisierung nicht gleichgesetzt werden mit Lohndrückerei und Verelendung. Schon deshalb ist es höchste Zeit für die Einführung eines gesetzlich festgelegten Mindestlohns. Unter dem Eindruck immer neuer Skandale aus der Welt der modernen Sklavenhaltung wächst jetzt die Zahl der Befürworter eines Mindestlohns. Doch gerade jene, die zunächst gar nichts tun wollten, rufen nun nach Expertenkommissionen und verlangen nach 150- prozentigen Regelungen, um jedes branchentypische Sonderproblem gesondert zu regeln. Nicht immer lohnt es sich, nach einem deutschen Weg zu suchen. In vielen anderen Ländern gibt es längst Mindestlohn-Gesetze, die sich abkupfern lassen. Die Wirtschaft ist daran übrigens nirgends zu Grunde gegangen.
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