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WAZ: Politiker müssen Nebeneinkünfte zurückzahlen: Berliner Glasbunker - Leitartikel von Stefan Schulte

Essen (ots)

Fast hatte man die hässliche Sache mit den
Nebeneinkünften von Politikern schon vergessen, da beschert uns
Niedersachsen diese schöne Nachricht: Zum ersten Mal in der deutschen
Parlamentsgeschichte müssen Abgeordnete Geld zurückzahlen, das sie
nebenbei eingesteckt haben, ohne dafür zu arbeiten. 765 000 Euro, die
sie von VW für was auch immer erhalten haben, müssen zwei
SPD-Parlamentarier nun dem Land „spenden”. Geld, für das Juristen
einen Begriff erfunden haben, der in diesen Zeiten zynischer gar
nicht sein könnte: „arbeitsloses Einkommen”. Die unerwartet hohe
Strafe ist nur recht und nicht billig. Dass sie bisher einmalig ist,
kommt indes nicht von ungefähr. Denn außerhalb Niedersachsens haben
Abgeordnete auch ein halbes Jahr nach den Gehaltsaffären von Laurenz
Meyer und Co. so ziemlich nichts zu befürchten. Einem
Bundestagsabgeordneten droht nach wie vor allenfalls eine als
Drucksache veröffentlichte Rüge. Kein Bußgeld wie in manchen Ländern,
keine Rückzahlung, nicht mal die Höhe seiner Unverdienste würden
seine Arbeitgeber, die Wähler, erfahren. Die im Winter so vielmundig
geforderte Transparenz – sie ist und bleibt ein vielzitiertes
Fremdwort. Die auch in Berlin versprochene rasche Verschärfung des
Abgeordnetengesetzes lässt auf sich warten. Bis zur Sommerpause
wollten sich die Fraktionen einigen. Doch die Opposition blockt alles
ab, sagen SPD und Grüne. Aber nicht sehr laut. Denn eine echte
Offenlegung aller Nebeneinkünfte hatten auch sie nie im Sinn. Als
brutalstmögliche Verschärfung wird derzeit allen Ernstes ein
Stufen-Modell diskutiert. Abgeordnete sollen angeben, ob sie wenig,
viel oder sehr viel nebenbei verdienen – dem Bundestagspräsidenten
wohlgemerkt, nicht der Öffentlichkeit. So wird sich eine große
Koalition der Inkonsequenz wohl auf eine Art Transparenz in den
eigenen vier Wänden verständigen. Gläserne Abgeordnete, aber im
abgeschirmten Bunker.

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