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WAZ: Erbschaftsteuer für Firmen soll sinken: Widersprüche - Leitartikel von Ulf Meinke

Essen (ots)

Im Spannungsfeld von Kapitalismuskritik und
Konjunkturpolitik ist die Erbschaftsteuer ein Thema von besonderem
Symbolgehalt und strategischer Bedeutung. Schließlich hat es die
Kraft, die innere Zerrissenheit der SPD zwischen antikapitalistischer
Emotion und wirtschaftsnaher Vernunft zur Schau zu stellen. Es stellt
sich die Frage: Wie passen Reden und Handeln zusammen, wenn die
Regierungspartei scheinbar Steuergeschenke für „böse Kapitalisten”
verteilen will? Im Wortgewitter eines Wahlkampfes fällt Sachpolitik
besonders schwer. Und doch: Der Grundgedanke hinter der Reform der
Erbschaftsteuer ist eher pragmatisch als politisch. Denn es geht
darum, durch eine vernünftige Steuerpolitik Arbeitsplätze zu retten,
wenn ein Firmenchef stirbt. Damit der Fiskus nicht die Existenz von
mittelständischen Unternehmen gefährdet, soll die Erbschaftsteuer
praktisch gestrichen werden. Voraussetzung: Der Betrieb wird über
mehrere Jahre fortgeführt. Daraus lässt sich die – zutreffende –
Schlagzeile schmieden: „SPD will Unternehmen entlasten.” Diese
wiederum stünde im Widerspruch zur Kapitalismus-Kritik von Parteichef
Müntefering. Und niemand widerspricht sich gerne. Schon gar nicht ein
Politiker im Wahlkampf. In der Tat provoziert das Steuersparmodell
für Firmenerben die SPD- Linke, zumal es eine Idee der CSU aufgreift.
So mancher Sozialdemokrat meint, noch kein Betrieb sei an
Erbschaftsteuern zugrunde gegangen. Und doch: In dieser Debatte geht
es gerade nicht um die von Müntefering attackierten anonymen
Finanzinvestoren, sondern um mittelständische Unternehmer, die nicht
selten eine besondere Bindung zu den Beschäftigten und ihrer Region
verspüren. Steuersenkungen für Firmenerben mögen zwar vordergründig
nicht so recht zur Kapitalismus-Kritik passen. Und doch machen sie
Sinn, weil sie Jobs sichern oder sogar schaffen.

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