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WAZ: Die Ruhr Triennale glänzt: Vor uns liegen die Mühen der Ebenen - Kommentar von Gudrun Norbisrath
Essen (ots)
Die Ruhr Triennale blickt in ihrem fünften Jahr auf eine grandiose Erfolgsgeschichte. Selbst Befürworter der Idee (und es gab damals nicht viele) waren ratlos, als Festivalchef Gerard Mortier 2002 eine Auslastung von 65% einräumen musste. War das Niveau zu hoch? Das Publikum unflexibel? Das Festival am falschen Ort und der Ort im Einzelfall nicht richtig gewählt? Peter Sellars, der Mann, von dem mancher hofft, er werde künstlerischer Leiter der Kulturhauptstadt 2010, landete damals einen Flop: "Children of Heraklit" in der Berufsschule Bottrop fand kaum Zuschauer, trotz aktueller Migrantenproblematik.
Heute ist die Ruhr Triennale eine kulturelle Größe im Ruhrgebiet neben anderen. Die Kraft, mit der sie sich durchgesetzt hat, kann als Vorlauf für die Kulturhauptstadt gelten; die stellt allerdings eine weit größere Herausforderung dar. Denn die Kulturhauptstadt ist kein Festival, das für sechs Wochen hereinrauscht und strahlend sein Feuerwerk abbrennt, sie ist auf Nachhaltigkeit angelegt. Auf Strukturwandel eben.
Denn im Ruhrgebiet mit seiner Vielfalt steht neben dem Stolz bisher eben auch ein Offenbarungseid: Es gibt sehr viel Kultur, es gibt Selbstbewusstsein und starke Kräfte, aber niemanden, der bündelt und strukturiert, der gemeinsame Projekte anregt und vorantreibt. Ein Dirigent wird gebraucht. Der das leider nicht unendlich vorhandene Geld nicht für eigene spektakuläre Darstellungen beansprucht, sondern sich als Solist in einem starken Chor versteht. Der bereit ist, Akzente zu setzen und dann hinter die Gesamt-Inszenierung zurückzutreten.
Gerard Mortier könnte das. Jürgen Flimm auch; beide sind aber gebunden in Paris, in Salzburg. Die Konnotation ist ja nicht übel. Und wenn Peter Sellars kommen wollte? Wenn er es als Zuwachs für sein eigenes Image betrachtete, die Kulturhauptstadt Ruhr künstlerisch zu leiten?
Es geht nicht darum, Qualität zu kaufen. Die gibt es in der Region; die Kulturhauptstadt-Jury hat keinen Regiestar gewählt, sondern "Essen für das Ruhrgebiet". Ein leuchtender Name aber könnte auch Selbstbewusstsein demonstrieren: Wir holen uns einen der Besten. Er bringt die Autorität seines Erfolges mit und kommt gern ins Ruhrgebiet; so, wie er zuvor dem Ruf nach San Francisco, nach Wien gefolgt ist.
Das Ruhrgebiet hat mit der Etablierung der Triennale bewiesen, dass es die Mühen der Berge meistern kann. Die Kulturhauptstadt stellt neue Anforderungen. Vor uns liegen die Mühen der Ebenen.
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