Alle Storys
Folgen
Keine Story von Westdeutsche Allgemeine Zeitung mehr verpassen.

Westdeutsche Allgemeine Zeitung

WAZ: Klimaschutz: Was es kostet, nichts zu tun - Kommentar von Jürgen Polzin

Essen (ots)

Das größte Missverständnis, unter dem die
Klimaschutzpolitik zu leiden hat, ist die in der Öffentlichkeit 
verbreitete Ansicht, dass wir Zeit hätten. Der größte Irrtum im 
Umgang mit dem Problem der globalen Erwärmung ist der Glaube, dass 
wir in einem aus den Fugen geratenen Klimasystem noch die Notbremse 
ziehen und aussteigen könnten. Und nichts bringt die Ahnungslosigkeit
und die Ignoranz besser auf den Punkt als die Behauptung, der 
Klimawandel sei ein Problem von morgen, nicht eines von heute. Warum 
sich also sputen?
Vor wenigen Tagen hat die neue britische Außenministerin Margaret
Beckett in einer bemerkenswerten Rede eine Antwort darauf gegeben. 
Klimaschutz sei keine Option, für die man sich entscheiden könne oder
nicht, sondern ein zwingendes Gebot. Denn die Frage, ob und wie man 
jetzt der globalen Erwärmung begegnet, entscheide darüber, wie sicher
wir künftig leben werden. Lebensmittel, Wasser, Energieversorgung, 
politische und ökonomische Stabilität: Wer zu spät kommt, den 
bestraft das Leben.
Was heißt das konkret? Wissenschaftler rechnen damit, dass 
steigende Temperaturen in Afrika, im Nahen Osten oder in Südasien 
Ernteausfälle und Hungersnöte verursachen werden. Dürren werden 
Kriege um Wasser anheizen. Die Welt wird eine neue Völkerwanderung in
Gestalt von Klimaflüchtlingen erleben. Der Klimawandel, und das ist 
klar, wird den Graben zwischen Arm und Reich noch tiefer reißen. Doch
auch Europa, der größte Binnenmarkt der Welt, wird um seinen 
Wohlstand bangen müssen, falls das Nichtstun weitergeht. Eine 
britische Studie rechnet vor, dass die volkswirtschaftlichen Schäden 
des Klimawandels jährlich fünf Prozent des globalen 
Bruttoinlandsproduktes rauben. Jetzt und in Zukunft. Klimaschutz ist 
keine Wohlfühl-Ökologie, sondern knallharte Friedens- und 
Wirtschaftspolitik. Ökonomen, nicht Öko-Aktivisten sind es, die eine 
einfache Rechnung präsentieren: Der Nutzen, im Klimaschutz 
entschlossen zu handeln, übersteigt bei weitem die Kosten, die 
anfallen, wenn nichts getan wird.
Das gibt zu denken in einer Zeit, in der Deutschland nicht wohin 
weiß mit den zusätzlichen Steuermilliarden, für den Ausbau und die 
Förderung erneuerbarer Energien jedoch mit jedem Cent geizt. Das 
Klima aber hat keine Bremse. Und egal, was auf der Klimakonferenz in 
Nairobi, die nun begonnen hat, am Ende herauskommt: In den nächsten 
zehn, zwanzig Jahren sind die Folgen der globalen Erwärmung 
festgeschrieben. Doch was danach kommt, an dieser Stellschraube 
können wir noch drehen.

Rückfragen bitte an:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de

Original-Content von: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Weitere Storys: Westdeutsche Allgemeine Zeitung