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WAZ: Die Deutschen spenden: Herzlichen Glückwunsch - Leitartikel von Birgitta Stauber-Klein
Essen (ots)
Diese so reichen Oligarchen. Dieser Korruptionssumpf. Diese dubiosen Todesfälle russischer Oppositioneller. Warum eigentlich sollen wir für einen Kindergarten spenden, wenn es in St. Petersburg genug Reiche gibt, die eine derartige Einrichtung aus der Portokasse finanzieren könnten?
Ein Tsunami erschüttert nicht nur Südostasien. Er rührt dank der medialen Aufmerksamkeit, und zwar weltweit, so sehr die Menschen an, dass Hilfsorganisationen zum ersten Mal mehr Geld sammeln, als sie für ihre Projekte ausgeben können. War das wohl ein wenig zu viel der Herzensgüte?
Apropos mediale Aufmerksamkeit: Die vorweihnachtliche Topsendezeit im öffentlich-rechtlichen Fernsehen bietet viel für das gute Gefühl, für die Unterhaltung. Das macht den Geldbeutel locker, wie sehr, kann sogar das Millionenpublikum dank Laufband mit Spendernamen und Eurobeträgen mitlesen. Verlage und Firmen sonnen sich in der guten Stimmung, Stars und Sternchen feiern mit Champagner die eingefahrenen Rekordsummen. Kommt da vielleicht ein zwiespältiges Gefühl hoch?
Wenn es um Spenden geht, um den guten Zweck, gibt es allen Grund zu zweifeln, zu prüfen, sich zu informieren. Um festzustellen: Wenn seriöse Hilfsorganisationen nicht vor Ort sind, sterben mehr Menschen in Katastrophenregionen. Sind die Chancen der Kinder auf ein besseres Leben geringer.
Gezielte Projekte wie die Hilfe für Kinder von HIV-infizierten Müttern in St. Petersburg rütteln auch die Menschen vor Ort auf, denen klar wird, wie unvorstellbar gnadenlos der Umgang mit den Kindern ist, die dazu verdammt sind, zu Verlierern der Gesellschaft heranzuwachsen. Ärzte und Krankenschwestern lernen, dass sie ohne Risiko HIV-infizierte Menschen pflegen und behandeln können. Behörden erfahren, dass die Kinder eine Chance verdient haben.
In Sri Lanka, in Galle, wo der Tsunami großes Leid und immense Schäden hinterließ, wird übrigens längst an der neuen Geburtsklinik gebaut. 15 000 Kinder werden dort jährlich zur Welt kommen, jeden Tag wird es 40 bis 60 Geburten geben. Ein teures Projekt: Neun Millionen Euro kostet die Klinik. Neun Millionen, die zu einem großen Teil WAZ-Leser spendeten. Sie haben dazu beigetragen, dass die Kindersterblichkeit in der Region sinken wird.
Die Deutschen spenden so viel wie nie zuvor. Das ist wohl ein Ergebnis der Globalisierung: Erst der Blick über den eigenen Horizont hinaus macht empfänglich für die Notlage von anderen.
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