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WAZ: Pleitgen für die Kulturhauptstadt: Jetzt. Endlich. Es bewegt sich was - Leitartikel von Gudrun Norbisrath

Essen (ots)

Wie lange ist es her, dass es gute Nachrichten aus
der Kulturhauptstadt gab? Und jetzt sind es sogar zwei: Es passiert 
was. Und Fritz Pleitgen ist ein Mann, von dem allerhand zu erwarten 
ist. Hinreichende Begeisterung für das Ruhrgebiet. Respekt vor den 
alteingesessenen Akteuren. Und unverhohlene Lust an der Aufgabe.
In letzter Zeit hatte es so ausgesehen, als wäre das Ruhrgebiet 
dabei, in seinen alten Fehler zu verfallen: warten, streiten und 
verschlafen. Tatsächlich aber war das Ruhrgebiet so einig wie selten.
Es wollte partout niemanden vor die Nase gesetzt bekommen, der die 
Region nur von außen kennt. Von Peter Sellars, als künstlerischer 
Direktor im Gespräch, hieß es, er spreche nur Englisch. Dahinter 
steckte Sorge nicht vor einem sprachlichen, sondern vor 
kommunikativen Problemen. Und die waren berechtigt.
Fritz Pleitgen spricht die Sprache des Ruhrgebiets, auch im 
übertragenen Sinne. Er ist hier geboren und versichert glaubhaft, 
dass er sich für die Kulturhauptstadt stark machen wird; und dafür, 
dass das Ruhrgebiet möglichst großen Gewinn daraus zieht. Bei Sellars
war zu vermuten, dass er vor allem selbst Gewinn aus einer Berufung 
ziehen wollte. Was aus Sicht des Künstlers selbstverständlich ist.
Die Debatte der letzten Monate kreiste vor allem um die Frage, ob
ein großer Name nötig wäre, um der Kulturhauptstadt zu Aufmerksamkeit
und Ansehen zu verhelfen, oder ob die Region die Anstrengung aus 
eigener Kraft aufnehmen könnte. Diese Debatte war falsch geführt.
Denn die Kultur im Ruhrgebiet ist imponierend stark und zu 
Anstrengungen bereit. Das wird auch nötig sein, denn Fritz Pleitgen 
wird die Kulturhauptstadt ebenso wenig allein anschieben wie Oliver 
Scheytt oder die gebündelten Kräfte der Kulturschaffenden. Tatsache 
ist, dass beides gebraucht wird, an unterschiedlichen Stellen. Der 
Name Pleitgen, so groß er sein mag und so viele Türen er öffnen kann 
- er wird nichts nachhaltig bewirken, wenn nicht in den aufgestoßenen
Spalt die geballte Kraft des kulturellen Ruhrgebiets stößt.
Die Ruhr Triennale funktionierte so: Gerard Mortier kam, 
leuchtete und rief die Kultur der Welt. Jetzt ist alles anders. Fritz
Pleitgen kommt und strahlt, aber rufen muss er niemanden. Die Kultur 
des Ruhrgebiets ist schon da, in ihrer ganzen Größe und Vielfalt. Sie
zu koordinieren und mit zusätzlichen attraktiven Projekten 
auszurüsten, wird Sache Oliver Scheytts sein. Ein Traum-Team, die 
drei. Wollen wir hoffen.

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