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WAZ: Die Rechnung geht nicht auf: Bio-Kraftstoffe keine Patentlösung - Leitartikel von Gerd Heidecke

Essen (ots)

"Pack den Acker in den Tank" frohlockt die
Automobilindustrie und beschwört die heilsame Wirkung von angeblich 
CO2-neutralen Bio-Kraftstoffen aus Pflanzen. Schon in fünf Jahren 
werden zehn Gramm des durchschnittlichen Kohlendioxidausstoßes aus 
dem Auspuff der deutschen Neuwagenflotte nicht mehr angelastet. Rasen
ohne Reue? Die Gefahr ist real, dass mit dem Sprit vom Acker auch das
Brot der Armen im Motor verbrannt wird, und die Erde gleich mit.
Bio-Sprit fällt eben nicht vom Himmel wie die Sonne aufs Feld. 
Erst einmal zur Ware geworden, verdrängt der Durst nach dem 
Rohölersatz schnell die Lebensmittelproduktion. Dicht besiedelte 
Länder wie Deutschland können langfristig höchstens 20 Prozent ihres 
Bedarfs selbst auf biologischer Basis erzeugen. Alles darüber hinaus 
stammt dann vom globalen Marktplatz. Gegen die Sucht der Reichen nach
Treibstoff hat der Hunger der Armen keine Chance. Mit dem Getreide 
für eine Tankfüllung kann man einen Menschen ein Jahr lang ernähren, 
rechnen Kritiker vor.
Schon jetzt steigt in Mexiko der Preis für Tortilla, das 
Grundnahrungsmittel schlechthin, seitdem die USA in Mais eine 
Alternative zu Öl sehen und Ethanolfabriken im Dutzend aus dem Boden 
schießen. Schon jetzt verdrängen endlose Palmölplantagen in 
Indonesien und Soja-Monokulturen im Amazonasgebiet Kleinbauern.
Bio-Sprit ist bei industrieller Massenproduktion zumeist das 
Gegenteil von ökologisch. Der unersetzliche Dschungel geht beim 
Raubbau stets als erster in Rauch auf, ohne dass jemand nach der 
Ökobilanz fragt. Mais-Benzin enthält nur 25 Prozent mehr Energie, als
bei der Herstellung verbraucht wurde. Pestizide, Insektizide und 
klimaschädliche Düngemittel minimieren den Umweltschutzeffekt der 
nachwachsenden Rohstoffe.
In den USA steht die CO2-Reduktion gar nicht im Vordergrund. Die 
Bush-Regierung möchte in erster Linie die Abhängigkeit von Ölimporten
vermindern. Erst Bio-Kraftstoffe der nächsten Generation aus 
Abfällen, Holz und sonstiger Biomasse schneiden besser ab, und in 
Europa haben nur dünn besiedelte Waldländer wie Schweden tatsächlich 
genügend Bäume übrig. Im Blockheizkraftwerk machen aber auch die 
nächsten Bio-Sorten ökologisch eine bessere Figur als im Auto. In 
das, egal ob mit konventionellem Otto-Motor oder mit Brennstoffzelle,
gehört langfristig Wasserstoff, ausschließlich erzeugt mit Sonne, 
Wind und Wasser.

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Thomas Kloß
Telefon: (0201) 804-8975
zentralredaktion@waz.de

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