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WAZ: Ein Macher kehrt heim ins Revier: Großer Mann für RWE - Leitartikel von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Jürgen Großmann zum RWE - müsste man nicht mit
Vorschusslorbeeren vorsichtig sein, würde man sagen: ein 
ausgesprochener Glücksgriff. Nicht nur, weil der Stahlmann aus 
Leidenschaft spätestens seit gestern - für das Unternehmen kostenlos,
weil er ja erst in knapp einem Jahr übernimmt - über solche für ihn 
einigermaßen neue Sachen nachdenkt wie den Energiemix der Zukunft, 
den Umgang mit dem Gasriesen Russland, die Entbürokratisierung von 
Großunternehmen, die Atomfrage, usw. Sondern auch, weil er für diesen
Konzern, der seinen Ruf als Versammlung von Oberstadtdirektoren nie 
so richtig los werden konnte, auch nicht unter der Führung von Harry 
Roels, einen leibhaftigen Traditionsbruch bedeutet: Jetzt kommt ein 
Typ mit einer wuchtigen Persönlichkeit, 140 Kilo Lebendgewicht 
verteilt auf 203 Zentimeter, gewiss kein Verwalter, sondern ein 
Menschen-Mitnehmer mit Lust an der Veränderung, der klotzige Sätze 
sagt wie: "Ich habe die bestbezahlten Stahlarbeiter Deutschlands. 
Darauf bin ich stolz."
Großmann, der derzeit mit seiner Yacht in Gefilden 
umherschippert, wo es noch wärmer ist als hier, hat schon viel 
erlebt. Angestellter Manager bei Klöckner, dort aufgestiegen zum 
Vorstand, dann selbstständiger Unternehmer, der für zwei Mark eine 
Pleite-Firma übernahm, sie sanierte und tausende von Jobs rettete, 
Inhaber eines ambitionierten Sterne-Restaurants in Osnabrück (!), 
Weinkenner, Jäger, Oldtimer-Sammler. Ein Genussmensch mit Charisma, 
als Geschäftsmann gerissen, gewieft, überdies ein Selbstvermarkter 
allererster Güte. Eine Insolvenz hat er auch schon mal hingelegt - in
Hattingen, er nennt es seine größte Niederlage. Großmann kommt 
burschikos herüber, aber damit tarnt er auch eine ausgeprägte 
Empfindlichkeit.
Der Mann gilt als Frog, wie Journalisten die "Friends of Gerd", 
die "Buddies" von Gerhard Schröder tauften. Gern wird bei dieser 
Gelegenheit erwähnt, Großmann sei mit Schröder per Du - aber wer in 
dieser Preisklasse ist das nicht? Angela Merkel jedenfalls war schlau
genug, nach ihrer Wahl in einer dieser opulenten 
Salon-Veranstaltungen aufzuschlagen, die Netzwerker Großmann alle 
paar Wochen abhält.
Nun wird also ein Alphatier, ein "deutscher Europäer" zudem, 
heimkehren ins Ruhrgebiet. Ein erprobter Strukturwandler. Man wird 
sehen, was er mit dem RWE anstellt (oder die mit ihm). Auch anderswo 
dürfte es noch ganz unterhaltsam werden. Der ebenso informelle wie 
ernsthafte Wettbewerb um den künftigen "Baron vom Revier" ist 
überraschend wieder völlig offen.

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Thomas Kloß
Telefon: (0201) 804-8975
zentralredaktion@waz.de

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