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WAZ: Krippen für Kleinkinder: Sieg der Pragmatiker - Leitartikel von Christopher Onkelbach

Essen (ots)

Eva-Prinzip contra Karrierefrau? Glucke  gegen
Geschäftsfrau? Mutti contra Managerin? Wo bleiben da die Männer? Die 
konservativen unter ihnen haben den Kampf um die heile Familie mit 
Frau und Kind daheim offensichtlich bereits verloren. Denn die 
konservativen Frauen haben die Macht, und die geben sich ziemlich 
modern. Zum Beispiel Ursula von der Leyen von der CDU. Sie geht jeden
Tag zur Arbeit und hat trotzdem viele Kinder. Und sie möchte, dass 
andere Frauen dies ebenfalls tun können. Mit der Einigung, dass es in
Zukunft für mindestens jedes dritte Kind unter drei Jahren ein 
ganztägiges Betreuungsangebot geben soll, hat sie einen wichtigen 
Etappensieg errungen.
Der Verlust über die Deutungshoheit des idealen Familienbildes 
ist es, was die Konservativen in Rage bringt. Das ist der Grund, 
warum der Augsburger Bischof Mixa so aus dem Häuschen geriet und von 
"Gebärmaschinen" schimpfte. Wenn die Kinder kurz nach der Geburt in 
staatliche Zwangsobhut verfrachtet werden, ginge es eigentlich nur 
darum, der Wirtschaft neue Arbeitskräfte zuzuführen, meint Mixa. 
Liberale hingegen reden gerne von Wahlfreiheit. Eine Frau müsse 
wählen können, ob sie zuhause bleibt oder Karriere macht. Deshalb 
seien Krippenplätze nötig.
In Wahrheit aber kann von Wahlfreiheit auch dann noch nicht die 
Rede sein, wenn genügend Betreuungsplätze zur Verfügung stehen. Schon
heute haben viele Familien keine andere Wahl, als ihre Kinder 
irgendwie unterzubringen, weil sie auf ein zweites Einkommen 
angewiesen sind. Überdies gilt es, für die weitere teure Ausbildung 
der Kinder Geld zurück zu legen, was über 70 Prozent der Eltern 
bereits tun. Auch ein Studium ist ja nicht mehr umsonst.
Deutschland wird weiter streiten um ein modernes Familienbild. Im
wirklichen Leben aber geht es nicht um konservativ, liberal oder 
links, nicht um traditionell oder modern. Es geht um die Bewältigung 
des Alltags. Deshalb ist es sinnlos, aus der Betreuungsfrage ein 
Glaubensbekenntnis zu machen. Schlecht für das Kind ist eine 
professionelle Betreuung nur dann, wenn es sowohl in der Krippe als 
auch zuhause schlecht behandelt wird. Psychologen wissen, dass beide 
Modelle, Glucke oder Geschäftsfrau, dem Kind nicht schaden, sofern 
die Bindung intensiv und intakt ist.
Auch wenn sich die Beteiligten nun auf den Ausbau der Betreuung 
geeinigt haben - die ideologische Versuchung mag bei einigen groß 
sein, das Vorhaben über Finanzfragen doch noch scheitern zu lassen.

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