Bundesregierung gefährdet medizinische Versorgung - Freie Ärzteschaft fordert Aussetzen des Versorgungsstärkungsgesetzes
Essen (ots)
Die demografische Entwicklung und der anhaltende Flüchtlingszustrom lassen keinen Zweifel daran: Der Bedarf an ärztlicher Behandlung wird in den nächsten Jahren stark zunehmen. Davon ist die Freie Ärzteschaft (FÄ) überzeugt. "Umso absurder erscheint die aktuelle Gesundheitspolitik, die mit dem kürzlich in Kraft getretenen 'Versorgungsstärkungsgesetz' auf Praxenabbau und Terminservicestellen setzt sowie per Klinikreform Krankenhäuser schließen will", sagte FÄ-Vorsitzender Wieland Dietrich am Donnerstag in Essen. "Wir erwarten ein Moratorium für die Gesetzesvorgaben. Andernfalls ist mit einer massiven weiteren Verschlechterung der medizinischen Behandlung der Bevölkerung zu rechnen. Diese herrscht heute schon in ländlichen Regionen - wird aber künftig auch die Ballungsräume betreffen."
Denn vor allem in den Großstädten soll das ambulante Medizinangebot geschrumpft werden - "genau dort, wo die meisten Migranten leben und leben werden", macht FÄ-Vize Dr. Silke Lüder klar. Es würden künftig mehr ambulant tätige Ärzte benötigt, nicht weniger. Die Praxisaufkaufregelung und derzeitige Bedarfsplanung seien ebenso auf den Prüfstand zu stellen wie die Budgetierung, die ohnehin seit Jahren die Versorgung verschlechtere. "Die Arztpraxen als tragende Säule der ambulanten Medizin brauchen endlich wirtschaftliche und ideelle Unterstützung sowie massive Entbürokratisierung", betont FÄ-Chef Dietrich.
"Eine Zumutung sind auch die Terminservicestellen - oder besser Wartezeitenverwaltungsstellen. Sie entziehen den Praxisärzten Mittel zur Patientenbehandlung, wenn die unrealistischen und bürokratiebedingt teuren Terminplanungen scheitern, weil zu wenig Ärzte da sind." Viele Patienten würden es zudem nicht verstehen, wenn es einerseits jetzt schon in vielen Arztgruppen zu wenige Termine gebe, andererseits immer mehr Menschen von weniger Ärzten behandelt würden. Dietrich warnt: "Es gilt aufzupassen, dass hier keine Ressentiments in der Bevölkerung wegen schwindender Ressourcen in der Gesundheitsversorgung entstehen. Außerdem werden Kassenärzte jetzt in die Erstversorgung von Flüchtlingen einbezogen. Dass sie dann bestraft werden, wenn sie zu wenig Termine für andere Patienten anbieten, ist politischer Zynismus."
Die Integration der Asylsuchenden könne nur gelingen, wenn auch der Abbau des medizinischen Versorgungsangebots gestoppt werde, betont FÄ-Vize Lüder. "Stattdessen aber", kritisiert die Ärztin, "will die Bundesregierung per Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz die Qualitätsstandards in der Medizin senken, indem Asylsuchende nur durch eidesstattliche Erklärung und ohne das Beibringen irgendwelcher Nachweise die Berechtigung zur 'Ausübung von medizinischer Heilkunde' in den Flüchtlingslagern erhalten sollen." Hier würden elementare Anforderungen an die Zulassung von Ärzten in Deutschland mit einem Federstrich geändert. Praxis- und Klinikabschaffung gepaart mit Qualitätsreduktion könnten nicht der richtige Weg sein, die medizinische Versorgung in Deutschland sicherzustellen.
Über die Freie Ärzteschaft e.V.
Die Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ) ist ein Verband, der den Arztberuf als freien Beruf vertritt. Er wurde 2004 gegründet und zählt heute mehr als 2.000 Mitglieder: vorwiegend niedergelassene Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze. Vorsitzender des Bundesverbandes ist Wieland Dietrich, Dermatologe in Essen. Ziel der FÄ ist eine unabhängige Medizin, bei der Patient und Arzt im Mittelpunkt stehen und die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt.
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