Neue OZ: Kommentar zu Bildung
Religion
Volksentscheid
Osnabrück (ots)
Tiefer Graben in Berlin
Das kommt nur selten vor: Der Streit um ein Schulfach nimmt Züge eines Wahlkampfs an, er entzweit die SPD. Plakate werben gegen "Wahlzwang" oder für ein vollwertiges Pflichtfach Religion. Und der rot-rote Berliner Senat mischt sich mit Anzeigen ein und muss dafür vor Gericht eine peinliche Niederlage einstecken.
Kanzlerin Merkel, Außenminister Steinmeier und etwa Günther Jauch dagegen unterstützen jene, die einfordern, was seit Langem in fast allen Bundesländern selbstverständlich ist: das Grundrecht auf staatlichen Religionsunterricht. Dass die Debatte mitunter aggressive Züge angenommen hat, hängt auch mit der Geschichte Berlins zusammen: mit Spätfolgen eines kämpferischen Atheismus der SED und mit einer starken Bewegung von Humanisten. Der Graben zwischen kirchlichen und antireligiösen Kreisen ist in der Hauptstadt besonders tief.
Ob es den Befürwortern von Pro Reli gelingt, ihr Anliegen per Volksentscheid durchzusetzen, hängt von der Wahlbeteiligung ab. Mehr als 250000 Berliner halten die Regelungen schon jetzt für überholt - doch 612000 Stimmen wären für eine Änderung nötig. Eine sehr hohe Hürde. Ein Positives hat der Streit aber schon vor seinem Ausgang: Er hat zur lebendigen Debatte über den Wert des Fachs Religion geführt. Dass daran auch ein weltanschaulich neutraler Staat interessiert sein muss, beweist etwa der Islamische Religionsunterricht, der Fundamentalismus verhindern soll.
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