Neue OZ: Kommentar zu Notfälle
Loveparade
Duisburg
Osnabrück (ots)
Unfassbar borniert
Wie konnte das passieren? So lautet die Standard-Frage nach Katastrophen jeder Art. Häufig ist die Fassungslosigkeit genau deshalb so groß, weil keiner das Unglück hatte kommen sehen. Mit dem Fall Duisburg verhält es sich geradezu umgekehrt.
Fassungslos ist man hier ebenfalls - das aber nicht wegen einer Unerklärbarkeit der Ereignisse, sondern der versammelten Borniertheit. Das Bauamt erlaubte lediglich 250 000 Besucher zur gleichen Zeit; aber die wahre Zahl war ganz egal, solange die chronisch an einem Minderwertigkeitskomplex leidende Stadt glänzen konnte durch schillernde Raver. Die Geltungssucht paarte sich mit einem über Jahre gesteigerten Gewinnstreben der Veranstalter sowie der Sorglosigkeit der Verwaltung.
Mit vorschnellen Schuldzuweisungen hat eine solche Analyse nichts zu tun. Es liegen harte Fakten vor, etwa das Schreiben des Bauamtes, in dem die Verwaltung auf Feuerwehrpläne verzichtet und es gestattet, von der üblichen Breite der Fluchtwege abzuweichen. Der Bescheid erging am 21. Juli - nur drei Tage vor der Loveparade. Kurioserweise bezieht er sich auf ein Brandschutzkonzept vom 22. Juli 2010 - also einen Tag in der Zukunft. Andere Unterlagen, etwa ein Nachtrag zu den Fluchtwegen, stammen erst vom 20. Juli. Da prüfen die Beamten oft länger, ob eine bestimmte Dachpfannenfarbe im Neubaugebiet hinnehmbar ist.
Nichts durfte der Loveparade offenbar im Wege stehen. Ein schicksalhaftes Unglück war die Massenpanik also nicht. So berauscht viele Besucher gewesen sein dürften, sosehr sie Anweisungen ignoriert haben mögen: Gegen die Verblendung der Veranstalter ist das gar nichts.
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