Neue OZ: Kommentar zu Urteile
Familie
Osnabrück (ots)
Vergaloppiert
Die Karlsruher Richter haben Klartext gesprochen. Ungewöhnlich deutlich lesen die Verfassungshüter ihren Kollegen vom Bundesgerichtshof die Leviten. Das ist berechtigt, weil die Bundesrichter sich mit ihrer restriktiven Lesart des Unterhaltsrechts für Geschiedene gründlich vergaloppiert haben. Die Justiz muss Gesetze auslegen, darf die Vorschriften dabei aber nicht dreist aushebeln, wie es der BGH tat. Wer Gesetze machen will, gehört auf die Abgeordneten-, nicht auf die Richterbank.
Gewonnen hat mit dem Karlsruher Beschluss also zunächst der Rechtsstaat. Als Sieger dürfen sich aber auch Tausende geschiedene Ehepartner in Deutschland fühlen. Sie können in vielen Fällen vor Gericht auf mehr Unterhalt pochen, nachdem die verfehlten höchstrichterlichen Vorgaben des BGH Rechtsgeschichte sind.
Maßstab des Unterhalts ist fortan wieder - wie es im Gesetz steht - der erreichte Lebensstandard zum Zeitpunkt einer Scheidung. Heiratet der Ex-Partner später wieder, berühren seine neuen Unterhaltspflichten den Anspruch des früheren Partners nicht.
Das kommt besonders jenen Frauen zugute, die nach einer Heirat für die Familie ihren Beruf aufgegeben haben. Sie vertrauen darauf, dass nach dem Ende einer langjährigen Ehe nicht der jähe soziale Absturz folgt. Zu Recht, wie Karlsruhe gestern klargestellt hat.
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