Neue OZ: Kommentar zu Marokko
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Osnabrück (ots)
Kluger König
Der arabische Frühling war gewaltig, revolutionär, aber unvollendet. Die Diktatoren Ägyptens und Tunesiens sind von der Macht gefegt. Doch ob die Stunde der Demokratie schlägt, ist fraglich. Viele Vergleiche wurden mit den Freiheitsbewegungen in Osteuropa gezogen. Doch wo sind die arabischen Václav Havels und Lech Walesas? Ganz zu schweigen von Libyen, das im Bürgerkrieg versinkt, weil der Tyrann Muammar al-Gaddafi wohl bis zur letzten Kugel kämpfen will.
Nur in Marokko herrscht kein Chaos, aus gutem Grund: König Mohammed VI. hat wie kein anderer Herrscher in der krisengebeutelten Region ein Gespür für das politisch Gebotene gezeigt. Den aufkeimenden Protesten nahm er viel Wind aus den Segeln, indem er einen Teil seiner Macht an Regierung und Parlament abtreten will. Darüber wird heute das Volk entscheiden. Und die Chance ist groß, dass eine Mehrheit diesen Mittelweg wählt. Denn der König wird weiterhin die Kontrolle über Militär und Imame behalten, um Stabilität zu garantieren.
Marokko wird somit keine lupenreine Demokratie, aber wohl auch nicht im Chaos versinken. Die kaum entwickelten Parteien haben nun Zeit, ihre Macht auszubauen. Das ist ein großer Fortschritt. Stets hat der wirtschaftsfreundliche König Frauenrechte und einen moderaten Islam gefördert. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich Mohammed VI. eines Tages auf die repräsentative Rolle des spanischen oder englischen Königshauses zurückziehen wird, wenn die Zeit reif dafür ist.
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