Neue OZ: Kommentar zu Geschichte
Mauerbau
Osnabrück (ots)
Die ganze Wahrheit
Ja, leider: Es gehört zur ganzen Wahrheit, dass gerade im Westen Deutschlands viele die Mauer im Laufe der Jahre als unabänderlich hinnahmen. Erst Resignation, dann Gleichgültigkeit gegenüber jenen, die unter der Teilung litten, hatten die flammende Empörung des 13. August 1961 verdrängt. Zu Recht nennt dies Bundespräsident Christian Wulff beschämend. Er empörte sich schon als Jugendlicher über die SED-Diktatur und schwamm gegen den Strom. Das ist ein Teil seines Werdegangs als Konservativer, wohl auch deshalb wirkt er echt mit der dringenden Mahnung, bei der Verteidigung der Freiheit nicht nachzulassen.
Bewegend auch der Auftritt von Jürgen Litfin. Der Bruder des ersten Mauertoten liest auf der Gedenkfeier zum Mauerbau aus dem Totenbuch, das Namen und Schicksale von 136 Opfern nennt. Das Unrecht der SED-Diktatur zeigt hier seine kaum fassbare Dimension.
Umso unfassbarer ist, wenn jetzt die Linken-Vorsitzende die Mauer schönredet und sich so von Verantwortung freispricht. Dass ein Teil der Linken auf dem Parteitag am Wochenende die Schweigeminute für Mauertote boykottiert, ist eine unerträgliche Verhöhnung der Opfer. Parteichefin Gesine Lötzsch, die die DDR-Vergangenheit verklärt, hat ihnen den Boden bereitet. Sie will in Mecklenburg-Vorpommern Wähler fangen - und hat ihre Partei entlarvt. Wer heute so spricht, benutzt die Argumente der einstigen Täter. Sosehr sich Lötzsch auch müht, das ist nicht zu entschärfen.
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