Neue OZ: Kommentar zu Japan
Osnabrück (ots)
Absehbare Erschütterungen
Für die politische Kultur Japans ist der erwartete Rücktritt von Premier Naoto Kan verheerend. Kan war der fünfte Regierungschef in fünf Jahren: So sicher die Japaner mit dem nächsten Erdbeben rechnen, so absehbar ist inzwischen die nächste Erschütterung in der Führung des Landes. Damit lassen sich die großen Probleme dieses Staates nicht ernsthaft beheben.
Scheiterten Kans Vorgänger an Skandalen, gebrochenen Wahlversprechen und Versäumnissen in der Haushaltspolitik, stürzte der Chef der Demokratischen Partei über sein schwaches Krisenmanagement nach der Multikatastrophe vom 11. März. Die Verantwortung für das Beben, den Tsunami und den Reaktor-GAU lag nicht in Kans Händen. Wohl aber, wie er mit dem Kraftwerksbetreiber Tepco umging, das Krisengebiet um Fukushima evakuierte und die Bevölkerung informierte. Hier handelte der 64-Jährige zu schwach, zu langsam und zu verschwiegen. Seine Umfragewerte rauschten in den Keller, und seine Partei arbeitete gegen ihn.
Wer immer jetzt auf Kan folgt, sollte vor allem zwei Überzeugungen mitbringen. Er wird gegenüber dem Schuldenmachen der vergangenen Jahre und der grenzenlosen Atomkraft sehr kritisch sein und für Stabilität in Regierung, Partei und Parlament kämpfen müssen. Das bis zur Schmerzgrenze disziplinierte, leidgeprüfte Volk benötigt in diesen unruhigen Zeiten wenigstens eine neue Politik der Verlässlichkeit.
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