Neue OZ: Kommentar zu Bundespräsident
Osnabrück (ots)
Zu hohe Erwartungen
Es wäre schon ein Wunder, wenn Joachim Gauck nicht im ersten Wahlgang zum Bundespräsidenten gewählt würde. Nach zwei zurückgetretenen Vorgängern kann der Kandidat fast aller Parteien wohl mit reichlich Rückenwind starten. Hat der 72-Jährige es somit leichter als Christian Wulff vor zwei Jahren? Ja und nein. Die vielen Vorschusslorbeeren können für Gauck gefährlich werden. Denn gelegentlich richten sich an den Theologen fast religiöse Hoffnungen und übermäßige Heilserwartungen. Das hat viel mit der deutschen Sehnsucht nach Vorbildern und Autoritäten zu tun.
Doch schon bald kann gerade so ein Heiligenbild Risse bekommen. Selbst der einst umjubelte US-Präsident Barack Obama genießt längst nicht mehr das hohe Ansehen wie am Tag seiner Wahl. Auch Gauck könnte womöglich unter Druck geraten, würde er mit so strengen moralischen Maßstäben gemessen wie Wulff. Dabei muss ein Bundespräsident kein unfehlbarer Held sein.
Andererseits bringt der bürgerliche Protestant aus seiner Biografie viele Erfahrungen mit, die ihm jetzt zugutekommen werden. Reisen und Reden halten: Das hat er bereits bisher getan. Er verfügt über Charisma, und viele trauen ihm zu, Vertrauen in die Demokratie zurückzugewinnen. Die größte Herausforderung liegt dabei für den unbequemen Rostocker in seiner eigenen Heimat, wo er oft angeeckt ist, in Ostdeutschland.
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