Neue OZ: Kommentar zu Beschneidung/Ethikrat
Osnabrück (ots)
Praxisgerechte Empfehlung
Wohltuend sachlich und sensibel hat der Deutsche Ethikrat gestern über die religiös motivierte Beschneidung minderjähriger Jungen debattiert. Trotz aller Differenzen einigten sich die Juristen, Theologen und Mediziner auf eine Empfehlung, die praxisgerecht ist: Die Experten wollen die Beschneidung straffrei halten, dies aber mit bestimmten Auflagen wie der Betäubung verknüpfen. Dieser Kompromiss wird den medizinischen wie rituellen Erfordernissen gerecht. Er dürfte bei den meisten Juden und Muslimen Akzeptanz finden.
So lässt sich der Konflikt zwischen Körperverletzung einerseits und den Interessen von Eltern und Kindern andererseits lösen - nicht aber mit einem donnernden Machtwort der Kanzlerin, wie es der israelische Innenminister Eli Jischal gefordert hat. Die Bundespolitiker sollten nun auf Grundlage der Empfehlung des Ethikrates bald einen Gesetzentwurf erstellen und beschließen. Erst dann herrscht für die Betroffenen wieder Rechtssicherheit.
In der Debatte ging es auch um die viel diskutierte Rolle des Staates und wieweit er in Religion und Erziehung eingreifen darf. Zugleich wurde deutlich, dass jüdische und muslimische Eltern auch dann das Kindeswohl im Blick haben, wenn sie die Beschneidung ihrer Söhne wollen. Dies gehört für sie zur religiösen Integration. Dass sie diese Pflicht so ernst nehmen, mag vielen in einer säkularen Gesellschaft fremd erscheinen. Doch auch gegenüber Religionen sind Toleranz und Respekt gefragt.
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