Neue OZ: Kommentar zu Stahl
ThyssenKrupp
Osnabrück (ots)
Piefiger Auftritt
Welch kümmerliche Geste: Um die Wogen der Empörung über Milliardenverluste bei ThyssenKrupp auf der Hauptversammlung zu glätten, verkündete Aufsichtsratschef Gerhard Cromme, das Gremium verzichte einmalig auf die Hälfte seiner Bezüge. Der große Industrielenker verteilt Almosen, ein piefiger Auftritt. Die Übernahme von Verantwortung war das jedenfalls nicht. Mit Blick auf Rekordverluste sowie saftige Strafzahlungen und drohende Schadenersatzforderungen wegen des Schienenkartells fiel Crommes Bußgang enttäuschend aus.
Natürlich kann ein Aufsichtsrat nicht direkt in operative Entscheidungen eingreifen. Auch sind bereits Vorstandsmitglieder ausgewechselt worden. Und doch hat Cromme die Erwartungen enttäuscht. Ein Mann wie er, der den Konzern durch Werkschließungen, Übernahmen und Fusionen viele Jahre lang zutiefst geprägt hat und das Vertrauen von Thyssen-Krupp-Patriarch Berthold Beitz genießt, trägt auch nach dem Wechsel in den Aufsichtsrat besondere Verantwortung. Schleierhaft, warum er nicht eher eingegriffen hat, als sich Thyssen-Krupp auf riskante Auslandsinvestitionen einließ. Merkwürdig auch, dass Seilschaften und blinde Loyalität im Konzern oft wichtiger waren als unternehmerischer Erfolg, wie Vorstandschef Heinrich Hiesinger beklagt. Noch mehr Fehler kann sich Cromme nicht leisten, will er ein ernst zu nehmender Nachfolger von Beitz an der Spitze der Krupp-Stiftung werden.
Uwe Westdörp
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