Neue OZ: Kommentar zu Vatikan
Kirchen
Papst
Osnabrück (ots)
Hohe Erwartungen
Es ist ein geschichtliches Ereignis, Überraschungen nicht ausgeschlossen. Ein Urnengang, der auf allen Kontinenten beachtet wird, mit der höchsten Geheimhaltungsstufe, in einer weltberühmten Kapelle, aus der in den nächsten Tagen weißer Rauch aufsteigen wird. Weltweit herrscht große Spannung, wer das neue Oberhaupt von knapp 1,2 Milliarden Katholiken wird, allein das Verfahren, in dem von heute an 115 Kardinäle über den nächsten Papst entscheiden, hat etwas von großem Kino. Ein Regisseur könnte es nicht besser inszenieren.
Doch das sind lediglich Äußerlichkeiten. Sie verdecken, dass die Wahl der Führungspersönlichkeit für die katholische Kirche überschattet wird von mehreren Krisen. Gerade in Europa erscheinen Glaube und Kirche immer mehr Menschen als bedeutungslos. Und gleichzeitig ist ausgerechnet Europa bei der Papstwahl mit 60 Kardinälen vertreten, Amerika mit nur 33, Afrika mit elf, Asien mit zehn und Ozeanien mit einem Kardinal.
Unabhängig davon, welcher Nationalität der nächste Papst angehört: Turmhoch sind die Erwartungen an ihn gerichtet, und sie können wie eine zentnerschwere Last wirken. Vor allem von der Reform der verkrusteten Kurie ist die Rede, nicht vom Papst als einer moralischen Autorität, die sich um Fragen weltweiter Armut kümmert oder um den Weltfrieden. Doch das künftige Oberhaupt darf es nicht bei kircheninterner Selbstbeschäftigung belassen, so nötig diese auch ist.
Christof Haverkamp
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