Neue OZ: Kommentar zu Bundesrat
Missbrauch
Osnabrück (ots)
Mehr Zeit, um Mut zu fassen
Die Zeit heilt alle Wunden? Von wegen! Die meisten Missbrauchsopfer leiden ihr Leben lang. Gleichwohl kann die Zeit ihnen helfen: zu verarbeiten, was geschehen ist, zu verstehen, dass sie keine Schuld triff, und Mut zu fassen, gegen den Täter vorzugehen. Denn gerade wer in jungen Jahren von vertrauten Menschen missbraucht wurde, Eltern, Geschwistern, Verwandten, Nachbarn, Lehrern, Trainern . . ., braucht meist besonders lange, um sich von Selbstvorwürfen, Ängsten und Zweifeln frei zu machen.
Dass der Bundesrat nun die Verlängerung der Verjährungsfristen bei sexueller Gewalt gebilligt hat, war also überfällig. Auch, dass minderjährigen Opfern in Verfahren der Rücken gestärkt wird, ist ein wichtiger Fortschritt. So müssen betroffene Kinder und Jugendliche künftig ihrem Peiniger beim Prozess nicht zwangsläufig vor die Augen treten, eine Chance, einigermaßen unbefangen und angstfrei auszusagen.
Bitter ist allerdings, wie lachhaft lange, mehr als zwei Jahre! - Bundestag und Bundesrat für die Gesetzgebung brauchten. Zudem ist nicht nachvollziehbar, warum sexuelle Gewalt überhaupt verjähren darf. Warum sollte, wer ein junges Leben dauerhaft beschädigt oder zerstört hat, je straffrei ausgehen können? Hier muss dringend nachjustiert werden, zumal es nicht nur um die vielen Missbrauchsopfer der vergangenen Jahrzehnte geht, sondern auch um jene, die leider immer noch hinzukommen.
Constantin Binder
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