Neue OZ: Kommentar zu Fall Gustl Mollath
Osnabrück (ots)
Gestörtes Rechtsempfinden
Sicher: Deutschland ist zum Glück ein hoch entwickelter Rechtsstaat. Das ist aber keine Garantie für Gerechtigkeit und Unfehlbarkeit. Das macht der Fall Gustl Mollath auf dramatische Weise deutlich. Mollath ist seit 2006 in einer Psychiatrie eingesperrt - und hat kaum noch Chancen, in absehbarer Zeit in Freiheit zu gelangen.
Ob der 56-Jährige ein Opfer eines Justizskandals ist, daran scheiden sich die Geister. Möglich, dass er seine Frau verprügelt und Autoreifen zerstochen hat. Doch der Eindruck erhärtet sich, dass die Fähigkeiten des Justizsystems unterentwickelt sind, mögliche Fehlentscheidungen zu revidieren. Zumal eine Untersuchung der betreffenden Bank ergab, dass Mollath keineswegs an Verfolgungswahn litt, als er seine Ex-Frau mit Schwarzgeld-Konten in Verbindung brachte. Auch ein Untersuchungsausschuss des Landtages förderte etliche Ungereimtheiten zutage.
Umso unverständlicher ist es, dass das Landgericht Regensburg die beiden Wiederaufnahmeanträge abgelehnt hat, obwohl die Richter Fehler in dem Verfahren entdeckt hatten. Formaljuristisch mag das korrekt sein. Doch das Rechtsempfinden vieler Bürger dürfte dem entgegenstehen.
So wird der Fall Mollath zum Wahlkampfthema in Bayern. Die heftige Richter-Schelte von CSU und SPD gibt darauf einen Vorgeschmack. Doch Polemik hilft weder Justiz noch Mollath weiter. Der Gesetzgeber muss die Gerechtigkeitslücken schließen.
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