Neue OZ: Kommentar zu Parteien
Koalition
SPD
Osnabrück (ots)
Hoch gepokert
Die Spitzen von Union und SPD sind sich offenbar sehr sicher: Schon gestern haben sie über die Aufteilung der Bundesministerien gesprochen, dabei endete die Mitgliederbefragung nicht vor Mitternacht. Und erst am Samstagnachmittag steht das Ergebnis fest. Die Zustimmung zur Koalition setzen die Parteiführungen schlicht voraus.
Ob aber das Experiment des Mitgliedervotums geglückt ist, wird sich frühestens nach der Auszählung zeigen. Die SPD-Spitze hat aus der Not eine Tugend gemacht, denn das Bauchgefühl vieler Genossen sprach anfangs eher gegen ein Bündnis mit der Union. Und Sigmar Gabriel und seine Mitstreiter haben bei dem Verfahren hoch gepokert.
Immerhin zeigt bereits jetzt die überraschend hohe Beteiligung, dass es der SPD gelungen ist, die Basis zu mobilisieren. Die Partei hat damit in den Koalitionsverhandlungen ihre Position stärken können und innerparteilichen Nörglern geschickt den Wind aus den Segeln genommen. Dafür hat die SPD-Führung hohe Kosten in Kauf genommen - immerhin 1,6 Millionen Euro.
Aber setzt die Befragung Maßstäbe für künftige Entscheidungen? Ist das Verfahren tatsächlich demokratischer als die Zustimmung nur weniger Delegierter einer Partei? Verfassungswidrig ist die Befragung ganz sicher nicht. Dennoch bleibt ein Makel: Die Bundestagsabgeordneten der SPD sind Vertreter des ganzen Volkes, nicht allein die Befehlsempfänger der abstimmenden Genossen.
Christof Haverkamp
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