NOZ: Weißer Ring fordert nach Urteil im Freiburger Missbrauchsprozess mehr Sensibilität der Behörden
Osnabrück (ots)
Weißer Ring fordert nach Urteil im Freiburger Missbrauchsprozess mehr Sensibilität der Behörden
Bundesgeschäftsführerin Biwer: Staat muss besser ausbilden - Kriminologe Pfeiffer entlastet Behörden und Justiz - Kriminalpsychologin Benecke beklagt Rollenklischees
Osnabrück. Der Weiße Ring fordert nach dem Urteil im Freiburger Missbrauchsprozess mehr Sensibilität vonseiten der zuständigen Behörden. Bundesgeschäftsführerin Bianca Biwer sagte im Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwoch): "Der Staat muss auch Behördenmitarbeiter besser ausbilden, damit künftig sichergestellt ist, dass unschuldige Kinder perversen Kriminellen nicht ausgeliefert sind - schon gar nicht über einen längeren Zeitraum."
Gleichzeitig müsse Kindern durch Präventionsarbeit vermittelt werden, dass sie das Recht haben, Nein zu sagen. Außerdem gelte es, tradierte Denkmuster und Rollenbilder zu durchbrechen. "Viele glauben: Was im eigenen Zuhause passiert, soll nicht nach außen dringen. Was in der Familie passiert, geht Außenstehende nichts an. So etwas ist natürlich fatal und kann dramatische Konsequenzen nach sich ziehen", sagte Biwer.
Laut Kriminalpsychologin Lydia Benecke sind Rollenklischees mit dafür verantwortlich, dass Frauen als Sexualstraftäterinnen selbst von Fachleuten nur schwer erkannt werden. Eigenschaften wie "hilfsbereit", "schwach" oder "mütterlich" würden eher Frauen als Männern zugeschrieben. "Solche Stereotype stehen dem klassischen Bild, das Menschen von speziell Sexualstraftätern haben, entgegen", sagte die Kriminalpsychologin der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Dem Kriminologen Christian Pfeiffer ist "kein Fall bekannt, in dem eine Mutter mit einer derartigen Brutalität und emotionalen Gleichgültigkeit vorgegangen wäre". Der ehemalige Direktor des kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen sieht dadurch auch Jugendamt und Justiz, die lange Zeit nicht eingegriffen hatten, zum Teil entlastet: "Niemand hat ernsthaft glauben wollen, dass diese Frau ihren Sohn selbst verkauft", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die Täterin selbst habe mit dieser Argumentation offenbar immer wieder Justiz- und Jugendamtsmitarbeiter überzeugt. Die Angaben der Frau nicht gründlich genug überprüft zu haben sieht Pfeiffer als das eigentliche Versäumnis der Behörden.
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