Westfalenpost: Ein netter Präsident
Hagen (ots)
Ehrenwerte Kandidaten für das höchste Amt Von Bodo Zapp
Mit dem Nachfolger von Horst Köhler geht das Land kein Risiko ein. Christian Wulff, der wahrscheinliche neue Bundespräsident, und Joachim Gauck, den SPD und Grüne ins Rennen schicken, sind ehrenwerte Kandidaten. Wenn auch von sehr unterschiedlicher Herkunft: "Gauck bringt ein Leben mit, der Kandidat der Regierung bringt eine politische Laufbahn mit". Dieser Satz von Sigmar Gabriel bringt es auf den Punkt. Er sagt aber nichts darüber aus, wer der bessere Mann an der Spitze des Staates wäre."Besserer Mann" - das ist die eigentliche Überraschung. Galt doch Arbeitsministerin Ursula von der Leyen als ausgemachte Favoritin für den Umzug ins Schloss Bellevue. Alles nur Gerüchteküche? Man tut wohl gut daran, nicht alles zu glauben, was in Berlin von offizieller Unionsseite beteuert wird. Nur Niedersachsens Ministerpräsident sei von der Kanzlerin gefragt worden, ob er wolle, heißt es in Merkel-Kreisen, denen am Tatkraftbild der Chefin gelegen ist. Der Eindruck, auch der Blick in die Gesichter, war ein anderer.Zwei Frauen an der Spitze des Staates, beide evangelisch und Verfechterinnen eines modernen Gesellschaftsbildes - war das konservativen Führungsmännern in der Union vielleicht doch zu viel? Die Vermutung, dass Merkel sich mit ihrem ersten Wunsch nicht durchsetzen konnte, ist wohl nicht weltfremd.Nun also Wulff, Jurist, Katholik, schwarzgelb gefärbt, immer nett. Mit dem erfahrenen CDU-Politiker wird es im Präsidialamt keine Abenteuer geben. Es wird professionell zugehen, vielleicht ein wenig langweilig. Kanzler wäre er wohl gerne geworden - eine höchst unsichere Zukunftsaussicht. Also lieber die Gelegenheit beim Schopfe ergreifen: Hallo, hier bin ich. Damit war die "liebe Ursula" weg.</p><p>Was wir von einem Bundespräsidenten Wulff erwarten können? Gute Auftritte, solide Arbeit, Höhenflüge nur bedingt. Angela Merkel muss vielleicht mit gelegentlichen Seitenstichen rechnen. Nicht ganz so berechenbar wäre eine Präsidentschaft von Joachim Gauck. Weil der parteilose ehemalige Bürgerrechtler nicht zum inneren Politiker-Geflecht gehört. Wegen der Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung sind seine Chancen eher theoretischer Art. Aber es ist gut, dass Männer wie er nicht vergessen werden, wenn es um die Vergabe höchster Ämter geht.Beim Blick voraus ist man schon verwundert, wie schnell sich die Personallage verändert. Die CDU-Ministerpräsidenten Koch und Wulff sind bald nicht mehr im Amt, Rüttgers schwebt zwischen Sein und Nichtsein. Angela Merkel hat nicht ihre stärkste Phase, aber starke interne Konkurrenz ist nicht mehr in Sicht.
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