Westfalenpost: zu Energiegipfel
Hagen (ots)
Der eine möchte kein Windrad sehen, wenn er aus dem Wohnzimmerfenster blickt. Der andere protestiert gegen die höhere Stromleitungs-Trasse, die sich demnächst durch seine Stadt schlängeln soll. Der Dritte fürchtet sich vor Gas-Bohrungen, weil sie das Trinkwasser gefährden könnten. Der Vierte stimmt gegen Biogas-Anlagen, weil er sie nicht riechen kann. Der Fünfte verteufelt die Kohle, denn sie erzeugt CO2. Und dem Sechsten fällt bestimmt auch noch etwas ein, gegen das er vehement Einspruch erheben kann. Angst vor den negativen Folgen der Atomkraft haben jetzt sowieso alle. Bei der Diskussion über die Energieversorgung der Zukunft regiert das Sankt-Florians-Prinzip. Jeder ist für Öko, selbst betroffen sein möchte er aber nicht. Das ist nachvollziehbar, weil menschlich. Beheben lassen sich die Probleme - die ja durch Fukushima nicht ausgelöst, sondern nur verschärft wurden - so allerdings nicht. Die von Angela Merkel beschworene Energiewende kann nur gelingen, wenn wir bereit sind, eine Menge unbequemer Wahrheiten zu akzeptieren. Dazu gehört es auch, den Bürgern beim Thema Finanzierung reinen Wein einzuschenken: Energie wird teurer! Denn wir müssen in Neues investieren und gleichzeitig noch lange für Altes, nämlich die Kosten der Atomkraft, aufkommen. Mündige, aufgeklärte Bürger wissen das. Deshalb bietet sich der Bundesregierung derzeit eine einmalige Chance: Sie könnte eine breite Mehrheit der Bevölkerung hinter sich versammeln, die sie mit einer Strategie überzeugt, die das Adjektiv "nachhaltig" endlich einmal verdient. Dazu aber gehören Ehrlichkeit und Mut. Tugenden mit Seltenheitswert. Beispiel gefällig? Schwarz-Gelb erhebt den Anspruch, die Zahl der energetischen Gebäudesanierungen verdoppeln zu wollen, kürzt jedoch gleichzeitig dafür die Mittel. Planungssicherheit für Eigenheimbesitzer und Handwerker lässt sich auf diese Weise sicher nicht herstellen. Energieeffizienz birgt ein enormes Potenzial für das Erreichen der Klimaschutzziele, ohne Förderung lässt sich dieser Schatz jedoch nicht heben. Die Investition wird sich am Ende auszahlen. Ehrlichkeit übrigens auch.
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