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Westfalenpost: Besser ist längst nicht gut genug

Hagen (ots)

Zum Kompromiss über die Organspende

Von Harald Ries Es kommt selten genug vor, dass alle Fraktionen im Bundestag sich einig sind. Deshalb ist es kein Wunder, wenn sie sich bei der Reform der Organspende gegenseitig auf die Schultern klopfen. Sie haben auch wirklich etwas erreicht: nach einer viele Jahre währenden Diskussion der immer gleichen Argumente endlich einen Kompromiss gefunden, der tatsächlich eine Verbesserung verspricht. Allerdings eine sehr kleine. Sie wird bei weitem nicht ausreichen, um auch nur die gröbste Not zu lindern.12 000 Menschen warten in Deutschland derzeit auf ein neues Herz, eine neue Niere oder eine neue Leber. Drei Patienten sterben täglich, weil für sie kein Organ zur Verfügung steht. Zu glauben, dass die Zahl der Organspender sprunghaft ansteigt, weil die Krankenkasse alle paar Jahre anfragt, ob man zur Spende bereit sei oder dagegen, ob man gar nicht entscheiden wolle oder später, ist naiv. Nur ein Sechstel der Deutschen hat einen Spenderpass. Ich gehöre nicht zu dieser Minderheit. Dabei habe ich keine Angst davor, als Ersatzteillager ausgeschlachtet zu werden; ich würde im Notfall auf eine Organspende hoffen und betrachte es deshalb als moralische Verpflichtung, selbst Spender zu sein. Warum ich es trotzdem nicht bin? Weil ich mich nicht mit meinem Tod und meinem Sterben beschäftigen mag. Aus ähnlich irrationalen Gründen habe ich auch kein Testament gemacht. Und deshalb werde ich einen Krankenkassenbrief vermutlich genau so ignorieren wie ich es mit den Appellen zum Tag der Organspende getan habe. Ich weiß, dass das falsch ist. Aber das Gefühl besiegt die Vernunft immer wieder.Um Menschen wie mich, die wahrscheinlich die Mehrheit stellen, als Organspender zu gewinnen, bedürfte es einer anderen Regelung. Beispielsweise eines Schreibens, das mich darüber informiert, ich werde künftig als Organspender in Betracht gezogen und das mich auffordert, dem zu widersprechen, falls ich das nicht wünsche. Wer auf drei solcher Schreiben nicht reagiert, kommt in die Kartei. Wäre das Zwang? Es wäre der Zwang zu einer Entscheidung. Die neue sogenannte Entscheidungslösung ermöglicht dagegen weiter das Ausweichen und Ignorieren. Das ist bequem, aber tödlich.

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