Westfalenpost: Konzepte von gestern helfen nicht weiter
Kommentar zu den Finanzvorschlägen der Ärzte von Lorenz Redicker
Hagen (ots)
Das Thema war eigentlich durch. 2005 propagierte die Union im Bundestagswahlkampf die Gesundheitsprämie, einen einkommensunabhängigen Pauschalbeitrag für die Versicherten der gesetzlichen Kassen. Populär war der Vorschlag nie, mit der Kopfpauschale verfehlte die Union das erhoffte schwarz-gelbe Bündnis. Vier Jahre später, als es dann zur Wunschkoalition reichte, war die Prämie kein Thema mehr. Jetzt also legt die Bundesärztekammer die Kopfpauschale neu auf. Ohne Not. Und ohne Hoffnung auf Umsetzung. Nicht einmal der liberale Gesundheitsminister will etwas vom einstigen Liebling wirtschaftsliberaler Ökonomen wissen. Aus gutem Grund. Denn ausgerechnet die Ärzte, sonst nie um Klagen über den "Bürokratismus" verlegen, schlagen nun vor, den - unbestritten erforderlichen - Sozialausgleich für Einkommensschwache in die Hände des Gesundheitsfonds zu legen. Der ist bislang eine weitgehend automatisierte Geldverteilmaschine mit kaum zwei Dutzend Beschäftigten. Für seine neuen Aufgaben würde der Fonds zu einer neuen, absehbar unbeliebten Riesenbehörde mit Aufgaben zwischen Sozial- und Finanzamt. Ganz nebenbei müsste der Staat für den Ausgleich neue Einnahmen generieren, also Steuern erhöhen oder neue schaffen. Dass die Ärzte mit ihrem Reformkonzept knapp die Hälfte ihrer Patienten zu Bittstellern der neuen Sozialausgleichsfondsbehörde machen würden, um zugleich Gutverdiener zu entlasten, dürfte geeignet sein, den Vorschlag endgültig ins politische Abseits zu befördern. Nein, so geht das nicht. Dass die Ärzte sich Gedanken über die Finanzierung des Gesundheitssystems (und somit ihrer Arbeit) machen, ist sinnvoll. Politisch gescheiterte Konzepte von gestern helfen aber nicht weiter.
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