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Westfalenpost: Die Gefahren des Individualtarifs Von Harald Ries

Hagen (ots)

Zocken Versicherungen systematisch Senioren ab? So pauschal sicher nicht. Im Einzelfall kommt es darauf an. Dass gewinnorientierte Unternehmen grundsätzlich dazu neigen, Prämien so hoch zu treiben, wie die Konkurrenzlage es zulässt, und Auszahlungen möglichst zu begrenzen, lässt sich zwar beklagen, aber schwer ändern. Und wenn, beispielsweise bei der Kfz-Haftpflicht, sehr alte und sehr junge Autofahrer ein erhöhtes Schadensrisiko darstellen, dann spricht nichts dagegen, diese Kunden in höhere Tarifklassen einzuordnen - so ärgerlich das für den Einzelnen auch sein mag. Es geht um Statistik, nicht um individuelle Gerechtigkeit. Und in einer alternden Gesellschaft, in der Senioren am verlässlichsten zur Wahl gehen, sind massive Altersdiskriminierungen politisch schwer vorstellbar.

Es hat gesetzliche Eingriffe gegeben, die mehr Gerechtigkeit schaffen sollten. Geschlechtsunabhängige Prämien bei der Lebens- und Kfz-Versicherung waren die Forderung - obwohl Männer kürzer leben (und kassieren) und Frauen weniger fahren (und Schäden anrichten). Nun gibt es Einheitstarife, die näher an den zuvor höheren orientiert sind. Gewinner sind die Versicherer.

Der Trend geht allerdings in die andere Richtung: Die Tarife werden immer individualisierter. Das macht für Kunden den Vergleich schwierig bis unmöglich und nährt langfristig die Gefahr der Totalüberwachung: Im Auto kontrolliert eine Box den Fahrstil, das Fitness-Armband gibt Auskunft darüber, ob wir uns wirklich so gesundheitsbewusst verhalten, wie wir es versprochen haben, um in den guten Tarif zu kommen. Falls wir nicht wegen des Risikos vererbbarer Erkrankungen bereits vorher aussortiert wurden. Vielleicht auch nur deshalb, weil wir den (freiwilligen!) Gentest verweigert haben

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