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NRZ: Es geht um unser Europa - Kommentar zum EU-Gipfel. Von Rüdiger Oppers

Essen (ots)

Die einen sprechen von einem "Endspiel", andere vom "Schicksalstag". Tatsächlich geht es heute beim Brüsseler Gipfeltreffen um viel: unser Geld, unsere Wirtschaft, unser Europa.

Nach dem schier endlosen Verwirrspiel um Rettungsschirme und Ratingagenturen steht mehr als der Euro auf dem Spiel. Es geht mittlerweile auch um die europäische Idee. Selbst die Kanzlerin hatte in dieser Woche im Bundestag einräumen müssen, dass die Politik angesichts der Eurokrise das Vertrauen der Bevölkerung verloren hat. Europa - dieser Begriff stand lange Zeit für eine bizarre Bürokratie und wird nun immer mehr gleichgesetzt mit Chaos, Pleite, Niedergang.

Trotz der zweifellos dramatischen Situation der gemeinsamen Währung dürfen wir uns nicht im Stolz auf das bisher Erreichte beirren lassen, denn die EU steht in ihrem Wesenskern für Frieden, Solidarität, Toleranz. Diese Werte sind unbezahlbar. Diese EU ist "unser Europa". Sie ist nicht durch militärische Eroberungen entstanden, sondern durch die Kraft der Vernunft und den Willen zum Frieden. Angela Merkel hat das Krisenmanagement bislang immerhin unfallfrei bewältigt. Deshalb muss man nicht tönen, in Europa würde jetzt endlich "Deutsch gesprochen". Solch steile Prosa steht uns nicht zu.

Nach der Apokalypse des zweiten Weltkriegs hatte Winston Churchill als Erster gewagt, von den "Vereinigten Staaten Europas" zu sprechen. 1947 war das nur ein schöner Traum. Von der "Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl", der Montanunion, bis zur heutigen Gemeinschaft gleichberechtigter EU-Staaten ist die Nachkriegs-Utopie endlich Wirklichkeit geworden. Diese Idee von Europa müsste jeden Stresstest überstehen.

Es wäre ein falsches Signal, wenn die Brüsseler Spitzenpolitiker unter allen Umständen Volksabstimmungen über die Europafrage verhindern wollten. Denn das einfachste und zugleich edelste Gesetz der Demokratie lautet: ein Mensch, eine Stimme. Eben, weil die EU eine Gemeinschaft von Bürgern und nicht von Bürokraten ist, muss sie Mut haben, sich jedem Referendum zu stellen.

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