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NRZ: Kommentar zum Gedenken an die Opfer der Neonazi-Mordserie von RÜDIGER OPPERS
Essen (ots)
Donnerstag, 12 Uhr mittags in Deutschland. Eine Schweigeminute lang sollte das öffentliche Leben stillstehen. Gedenken an die Opfer des neuen Naziterrors in unserem Land. Es ist leider keine Überraschung, aber es wollte fast niemand innehalten, obwohl es zehnfachen Anlass zu Scham und Trauer gab. Der Alltag rauschte meist besinnungslos weiter, als wäre nichts geschehen. In Berlin wurde hingegen eine würdige und angemessene Gedenkstunde inszeniert. Sie offenbarte auch, dass es einen tiefen Graben zwischen der öffentlich zur Schau getragenen Betroffenheit der Politik und der gesellschaftlichen Realität gibt.
Nun ist es eine wichtige Aufgabe aller demokratischen Parteien, diese Kluft zu schließen. Deshalb darf die gestrige Trauerfeier für die Toten der braunen Mörder nicht als der Abschluss eines dunklen Kapitels der Nachkriegsgeschichte abgehakt werden. Vielmehr könnte von Angela Merkels wichtiger Rede ein Aufbruchsignal an die große Mehrheit der Bevölkerung, die Aufrechten im Lande, ausgehen. Die Bundeskanzlerin hat um Verzeihung gebeten. Diese Geste war richtig und notwendig. Doch dabei kann es nicht bleiben. Den Opfern kann nur Gerechtigkeit widerfahren, wenn das Land sich ändert. Es gibt eine weit verbreitete tumbe Mentalität, die sich an Glatzen und Springerstiefel gewöhnt hat, die den Neonazismus nicht sehen will, auch wenn er gerade im Osten so offensichtlich ist wie ein Gletscher in der Wüste. So werden die braunen Mordbrenner von der Unkultur des Wegsehens und Schweigens gedeckt.
Nach dem Terror und Brandschatzen der 1990er-Jahre in Mölln, Hoyerswerda und Solingen bildeten sich Aktionsbündnisse gegen Fremdenfeindlichkeit, an denen sich alle gesellschaftlichen Kräfte, auch die Medien, beteiligten. Damals sind Bürger, Politiker und Stars gemeinsam auf die Straße gegangen. Die Kölner Band "Bap" prägte das Motto: "Arsch huh, Zäng ussenander". Hunderttausende zeigten Flagge gegen Rechts. Und wer bekommt heute den Hintern hoch und die Zähne auseinander, um den Neonazis die Stirn zu bieten? Worte, auch so wohlgesetzte wie die der Kanzlerin, sind nur dann wertvoll, wenn ihnen Taten folgen.
Es ist Zeit für ein neues breites Bündnis gegen Rassismus, damit der liberale Rechtsstaat stolz und selbstbewusst agiert und nicht wieder beschämt auf die Mordtaten von Terroristen reagieren muss.
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