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NRZ: Nachtreten ist unangemessen - Kommentar zu Wulffs Ehrendold von Rüdiger Oppers
Essen (ots)
Die erbitterte Diskussion über einen "Ehrensold" für Christian Wulff tut unserer politischen Kultur so wenig gut wie die unwürdigen Umstände, die zu seinem Rücktritt führten. Laut Gesetz steht jedem ehemaligen Bundespräsidenten eine fürstliche Apanage von rund 200 000 Euro zu. Das gilt für Christian Wulff genauso wie für Horst Köhler. Warum auch nicht? Selbst wenn sich der letzte Bundespräsident nicht eben mit Ruhm bekleckert hat, gilt für ihn das gleiche Recht wie für seine Vorgänger. Was dem Staat sein Oberhaupt wert ist, kann man auch daran erkennen, wie man es nach dem Machtverlust behandelt. "Zapfenstreich" zum Abschied und Ruhegeld auf Lebenszeit sind Zeichen des Respekts für das höchste Amt im Staat ganz unabhängig von der Person, die es bekleidet hat. Unsere junge, stolze Demokratie sollte so souverän sein, mit seinem ehemaligen Souverän großzügig zu verfahren. Selbst wenn er sich als Fehlbesetzung im höchsten Staatsamt erwiesen hat, ist Christian Wulff nicht entehrt. Öffentliches Nachtreten gegen den ohnehin Gestraften, wirkt kleinkariert und unangemessen. Seltsam schräg erscheint, dass nun das Bundespräsidialamt selbst seinem ehemaligen Chef das Ruhegeld noch vor der Wahl eines Nachfolgers genehmigt. Die Eile provoziert neue Häme und Spekulationen. Joachim Gauck würde wohl nicht anders entscheiden. Es wäre eine versöhnliche Geste und kein Gnadenakt, sondern eine Selbstverständlichkeit. Allerdings darf man den "Ehrensold" nicht ganz ohne Vorbedingung überweisen. An den Dauerauftrag sollten Bedingungen geknüpft sein, die der Anstand gebietet. Sollte sich Christian Wulff als hoher politischer Funktionsträger nachweislich strafbarer Handlungen, wie Vorteilsnahme oder Betrug, schuldig gemacht haben, sollte es mit der stattlichen Besoldung ein Ende haben. Allerdings gibt es kein Gesetz, das den Zahlungsstopp veranlassen könnte. Aber es sollte für Wulff eine Frage der Ehre sein, dann freiwillig auf Sold und Privilegien zu verzichten. Es wäre seine letzte Chance nicht endgültig als Schnäppchenjäger der Nation in die Geschichtsbücher Eingang zu finden.
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