Neues Deutschland: Obamas Gretchenfrage
Berlin (ots)
Eine Rede im Vorhinein mit dem Prädikat »groß« zu adeln, wie es Obama tat oder tun ließ, ist selten ein gutes Zeichen gewesen. Die meisten Beobachter sehen denn auch derlei Vorschusslorbeer nicht gerechtfertigt. Obamas Ausführungen waren eher bedenklich als beachtlich. In der Konkretheit der Aussagen blieb der US-Präsident deutlich hinter der Kairoer Rede von 2009 zurück, die damals nach den rüden bis peinlichen Umgangsformen der Bush-Ära durchaus Hoffnungen in der islamischen Welt geweckt hatte. Aber nicht einmal die blumigen Passagen zum »Arabischen Frühling« werden bei den Volksmassen in der orientalischen Welt auf viel Wohlgefallen gestoßen sein. Es ist eben wenig glaubwürdig, wenn ihnen ausgerechnet ein US-Präsident das Hohelied der »moralischen Kraft der Gewaltlosigkeit« singt. Wo die USA tagtäglich dieses anderen anempfohlene Prinzip mit Füßen treten. Außerdem nichts zu einem Abzug aus Afghanistan oder Irak und auch nichts zum unerklärten Drohnenkrieg gegen Pakistan. Ernüchternd geradezu Obamas Vorstellungen zum Nahen Osten. Der fortwährende Ausbau israelischer Siedlungen auf Palästinenser-Gebiet, das Schicksal Hunderttausender Flüchtlinge - vor zwei Jahren noch von ihm selbst zu Kernproblemen erklärt - hier hat er kleinlaut den Rückzug angetreten. Und die neue nahöstliche Gretchenfrage rückt immer näher: Wie stehen die USA zur Ausrufung eines palästinensischen Staates?
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