neues deutschland: zur Lage in Portugal
Berlin (ots)
Es ist eine kräftige Ohrfeige für die portugiesische Regierung: Ein Teil des Sparhaushalts ist verfassungswidrig. Das sagen nicht Sozialverbände oder Gewerkschaften, sondern das portugiesische Verfassungsgericht. Deutlicher wurde eine Politik, die die Renditewünsche der Anleger auf den Finanzmärkten über verbriefte Rechte der Bevölkerungsmehrheit stellt, noch nicht öffentlich gemaßregelt. Die Ohrfeige trifft indirekt auch die Troika aus Europäischer Union, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds, die Portugal 2011 für Kreditzusagen drastische Sparauflagen auferlegte, wohlweislich ohne konkret zu sagen, wo und wie, sondern nur in welchem Ausmaß. Dennoch ist es die Troika, die den südeuropäischen Ländern eine Strukturanpassung zumutet, wogegen sich der Sozialabbau in Deutschland im Zuge der Agenda 2010 als geradezu »milde« darstellt. Die Troika spielt mit ihren drakonischen Strukturanpassungsvorgaben mit dem Feuer. Sparen nach dem Motto »Operation gelungen, Patient tot«, mag die Finanzmärkte kurzfristig beruhigen, langfristig sicher nicht. Umso weniger, als die Austeritätspolitik die Wahrscheinlichkeit sozialer Unruhen in die Höhe treibt, wie eine neue Studie der Arbeitsorganisation ILO wenig überraschend feststellt. Acht Millionen junge, oft gut ausgebildete EU-Bürger sind auf Arbeitssuche - mit wenig Chancen. Sozialer Sprengstoff, den die Troika immer noch ignoriert. Diese Blindheit kann Europa teuer zu stehen kommen.
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