neues deutschland: Roma-Morde: Das Urteil von Budapest¶
Berlin (ots)
Früher haben wir debattiert, wie Roma leben, heute stellt sich immer öfter die Frage, ob Roma leben.« Der das sagt, Gergely Dezideriu, ist Direktor des Europäischen Zentrums für Romarechte in Budapest. In Ungarns Hauptstadt wurden am Dienstag drei Romamörder zu lebenslanger Haft verurteilt. Minister Zoltán Balog, zuständig für »Humanressourcen«, zeigte sich befriedigt und überzeugt davon, dass »kein rassistischer Krimineller dem ungarischen Gesetz entkommen kann«. Das wäre zu hoffen, und übrigens kann niemand Balog oder seinen Regierungschef Viktor Orbán für die Atmosphäre verantwortlich machen, in der die grausamen Taten geschahen: Zur Tatzeit waren beide noch nicht im Amt. Aber am letzten Verhandlungstag saßen im Gerichtssaal Zuhörer, die T-Shirts mit der Aufschrift »Heroes« trugen. Leute, die feige Mörder als Helden betrachten. Die Mehrheit in der Gesellschaft repräsentierten sie gewiss nicht, doch auch die Mehrheit versteht es offenbar nicht, mit den Roma zu leben. Stattdessen machen viele die oft kinderreichen Romafamilien für nahezu alle Probleme im Lande verantwortlich. Die Meinung, es handle sich um »Parasiten am Volkskörper«, ist so selten nicht. Erst zu Jahresbeginn schrieb ein enger Orbán-Freund, der Journalist Zsolt Bayer, dass ein »Großteil der Zigeuner nicht geeignet (ist), unter Menschen zu leben«, dass ihnen keine Menschenwürde zustehe, man müsse das »sofort und mit allen Mitteln lösen«. Wer wollte das nicht rassistisch nennen? Und kriminell? Bayer jedenfalls entkam dem ungarischen Gesetz.
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