"nd.DieWoche": Ungleichgewicht der Kräfte - Kommentar zur Strategie Israels im neuen Nahost-Krieg
Berlin (ots)
Israel hat das Recht, sich selbst zu verteidigen - so wie jedes Land. Wie ein Mantra wiederholen Staats- und Regierungschefs diese Binsenweisheit, sodass Zweifel aufkommen: Birgt die Feststellung vielleicht doch den unangenehmen Verdacht, dass Selbstverteidigung zwar gerechtfertigt ist, aber die eingesetzten Mittel jedes Maß überschreiten? Sicher: Hamas und andere Palästinensergruppen schießen ohne Unterlass wahllos Raketen auf Israel, nehmen den Tod von Menschen in Kauf. Die israelische Armee bombardiert dafür den Gaza-Streifen, wo militärisch genutzte Gebäude dicht an Wohnhäusern liegen. Auch wenn die Fernsehbilder einen anderen Eindruck vermitteln mögen: Allein die Anzahl der Getöteten macht die militärische Übermacht Israels und das Kräfte-Ungleichgewicht deutlich. Hamas tötet, aber die Aktionen sind die einer hilflosen Gruppe, die nichts zu verlieren hat.
Für Israel oder die USA sind sie schlicht Terroristen, aber Hamas ist nicht in der Lage, den Staat Israel in seiner Existenz zu bedrohen - so wie auch die RAF niemals die BRD existenziell bedrohen konnte. Dies glauben zu machen, dient letztlich nur dazu, harte Gegenmaßnahmen zu legitimieren.
Die israelische Regierung will Hamas und damit allen Palästinensern eine Lektion erteilen. Daher hat sie auch ein Angebot Ägyptens zur Vermittlung einer Feuerpause abgelehnt. Deeskalation sieht anders aus. Jetzt wäre es am UN-Sicherheitsrat, die Kontrahenten zur Einstellung der Kampfhandlungen zu zwingen. Nur verhindern die USA eine gemeinsame Position, sagen Diplomaten, wenn diese auch Israels Vorgehen verurteilt. Washington verschafft der israelischen Regierung so die Zeit, ihre Kriegsstrategie zu einem Ende zu führen. Jetzt kommt der UN-Sicherheitsrat am Sonntag zusammen, aber seine Mitglieder werden sich kaum auf eine klare Verurteilung beider Konfliktparteien einigen. Die US-Regierung hält weiter ihre schützende Hand über Israel und damit über die Besatzung.
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