Neues Deutschland: Integrationsdebatte
Berlin (ots)
In der Debatte um die Integrationspolitik stehen sich in der Union zwei Lager gegenüber. Auf der einen Seite die Realisten, repräsentiert etwa durch die Migrationsbeauftragte Maria Böhmer, die den Forderungen nach neuen Sanktionen gegen »Integrationsunwillige« eine Absage erteilt, weil der Katalog möglicher Strafen schon lang genug ist. Böhmer will die Einbürgerung mit dem Ablegen eines Eides aufs Grundgesetz verbinden und so Zugehörigkeit über das Bekenntnis zur Verfassung stiften.
Die Politik der Integrationsbeauftragten gibt zwar wenig Anlass zur Freude. Im Vergleich zur kulturnationalistischen Front in der Union darf die verfassungspatriotische Herangehensweise einer Frau Böhmer aber als harmlos bezeichnet werden. Bei Edmund Stoiber mag es ja noch sprachliche Unbedarftheit sein, wenn er den Respekt vor den »Gebräuchen unseres Landes« zur Voraussetzung eines deutschen Passes erklärt. Wenn aber Unions-Fraktionschef Volker Kauder die »deutsche Schicksalsgemeinschaft« bemüht, um sein Staatsbürgerschafts-Verständnis zu illustrieren, muss man davon ausgehen, dass der Mann weiß, in welcher Suppe er da herumstochert. Immerhin war der Jurist Kauder mal Beauftragter für politische Bildung an der Freiburger Universität.
Des Unions-Mannes Rede vom »Schicksal« macht aus den Deutschen ein Kollektiv der Opfer einer höheren und zudem unbeeinflussbaren Macht. Damit werden nicht zuletzt zwei Weltkriege zu Ergebnissen einer (wessen?) Vorsehung erklärt, zu »Schicksal« eben. Ein Bekenntnis zur deutschen Geschichte und der daraus erwachsenden Verantwortung, wie sie Kauder gern von den Zuwanderern verlangt, ist das nicht.
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