Aachener Nachrichten: Rätselhafte Reform Das Pflegeberufegesetz wirft Fragen auf Von Christina Merkelbach
Aachen (ots)
Die Reform ist beschlossen. Künftig soll in Deutschland ein und dieselbe Ausbildung dazu befähigen, sich um Menschen jeden Alters sowohl ambulant als auch stationär zu kümmern. Mit ihrem sogenannten Pflegeberufegesetz wollen Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und Familienministerin Manuela Schwesig (SPD)die Arbeit in der Kranken-, Alten- und Kinderkrankenpflege aufwerten. Zunächst das Positive: Gröhe und Schwesig thematisieren, dass diese Berufe nicht die öffentliche Anerkennung bekommen, die sie verdienen. Ruhm und Dankbarkeit ernten zumindest in Krankenhäusern in der Regel die Ärzte, die ihre Arbeit allerdings nicht ohne die Pflegenden machen könnten. Deren hohen emotionalen und körperlichen Belastungen steht eine vergleichsweise niedrige Bezahlung gegenüber.
Inwiefern aber eine vereinheitlichte Ausbildung drei verschiedene Fachgebiete insgesamt aufwerten soll, leuchtet nicht ein. In einer Zeit, in der der Arbeitsmarkt nach Spezialisten statt Generalisten ruft, wirkt das nicht zeitgemäß. Das Signal: Wer sich um einen frischoperierten Patienten oder ein Neugeborenes kümmern kann, der kann ebenso einen an Demenz erkrankten Menschen im Pflegeheim versorgen. Pflege ist schließlich Pflege. Recht vage heißt es, die Ausbildung beinhalte die Möglichkeit, Interessensbereiche zu vertiefen. Es bleibt abzuwarten, ob dies die Qualifikation vermitteln kann, die bisher in den Fachbereichen gefragt waren. Andernfalls muss sich an die drei Jahre Ausbildung eine weitere Qualifizierung anschließen, bevor die frischgebackenen Pflegekräfte eingesetzt werden können.
Die vereinheitlichte Ausbildung soll den Pflegeberuf insgesamt attraktiver machen. Das werde dadurch erreicht, dass man leichter wechseln und in einem anderen Pflegebereich Karriere machen könne, sagen die Minister. Ist das Problem chronisch unterbesetzter Pflegeheime und ausgebrannter Mitarbeiter wirklich damit gelöst, dass man dem Personal ermöglicht, sich eine Stelle im Krankenhaus zu suchen, was oft als attraktiver gilt? Dem einzelnen Arbeitnehmer mag das bei Jobfrust helfen, aber es ist wohl kaum eine zukunftsfähige Strategie, dem Mangel an Pflegekräften zu begegnen, der sich in den kommenden Jahren noch verstärken wird. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung rechnet damit, dass sich der Bedarf auch angesichts der Alterung in der Gesellschaft bis 2050 verdoppeln und bei 1,5 Millionen Pflegerinnen und Pflegern liegen wird.
Die Minister wollen den Lohn der Altenpflege dem höheren in der Krankenpflege angleichen. Das muss man ihnen zugute halten. Bislang sieht es aber nicht danach aus, als würde diese Reform etwas an den Arbeitsbedingungen ändern, die viele in Pflegeberufen als belastend empfinden. Oft haben sie nicht einmal die Zeit, ein persönliches Wort mit Patienten zu wechseln.
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