Europäische Tage der offenen Tür des Notariats
Berlin (ots)
Anlässlich des Europäischen Tags der Justiz haben die Europäischen Notariate im Oktober 2016 unter dem Leitthema "Working together for legal certainty" erstmalig in ihrer Geschichte Europäische Tage der offenen Tür des Notariats veranstaltet.
Durch das Leitthema kommt die besondere Rechts- und Beweissicherheit zum Ausdruck, die die Notarinnen und Notare mit ihren Urkunden bei Geschäften mit besonderer vermögensrechtlicher, persönlicher oder auch gesellschaftlicher Tragweite erreichen. Der Leitspruch verdeutlicht aber auch das immer größer werdende Bedürfnis einer vertieften Zusammenarbeit der Notarinnen und Notare in den verschiedenen Mitgliedstaaten.
In Deutschland hat die Initiative interessierten Bürgerinnen und Bürgern die Gelegenheit gegeben, sich bei den mitwirkenden Notarkammern sowie den teilnehmenden Notarinnen und Notaren näher zum neuen europäischen Erbrecht zu informieren. Die Europäische Erbrechtsverordnung, die auf sämtliche Erbfälle seit dem 17. August 2015 Anwendung findet, hat spürbare Veränderungen bei den erbrechtlichen Rahmenbedingungen und Gestaltungsmöglichkeiten in grenzüberschreitenden Sachverhalten mit sich gebracht.
Während bei der Frage, welches Recht auf den Erbfall anwendbar ist, nach deutschem Recht bislang grundsätzlich auf die Staatsangehörigkeit des Erblassers abgestellt wurde, kommt nach neuer Rechtslage nunmehr grundsätzlich das Erbrecht desjenigen Staates zur Anwendung, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Für alle Menschen, die auf Dauer in Deutschland leben und dort versterben, gilt also künftig deutsches Erbrecht, gleichgültig welche Staatsangehörigkeit sie besitzen und wo sich die von ihnen vererbten Vermögensgegenstände befinden. Haben Erblasser mit deutscher Staatsangehörigkeit zum Todeszeitpunkt ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, kommt dagegen grundsätzlich das entsprechende ausländische Erbrecht zur Anwendung.
Sind sich die Beteiligten der neuen Rechtslage nicht bewusst, kann dies zu Überraschungen und vom Erblasser nicht gewollten Ergebnissen führen. So kann das anwendbare ausländische Recht beispielsweise andere Pflichtteils- bzw. Noterbrechte als im deutschen Recht vorsehen. Hat der Erblasser kein Testament errichtet, ist das fremde Erbrecht auch für die gesetzliche Erbfolge heranzuziehen, die erheblich von der gesetzlichen Erbfolge nach deutschem Recht abweichen kann.
Auf den gewöhnlichen Aufenthaltsort kommt es allerdings dann nicht an, wenn der Erblasser eine Rechtswahl getroffen hat. Die EU-Erbrechtsverordnung erlaubt jedem Erblasser, das Erbrecht des Staates zu wählen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Auf diese Weise können etwa deutsche Erblasser die Anwendbarkeit deutschen Rechts auch dann sicherstellen, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union haben oder haben werden. Die Rechtswahl muss in Form einer Verfügung von Todes wegen erfolgen. Sie kann auch gleich in ein neues Testament oder einen neuen Erbvertrag aufgenommen werden.
Unabhängig vom Alter empfiehlt es sich, möglichst frühzeitig über eine Regelung des eigenen Nachlasses nachzudenken. Gestaltungsmöglichkeiten ergeben sich durch die EU-Erbrechtsverordnung vor allem für deutsche Staatsangehörige, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben oder planen, und Bürger mit ausländischer Staatsangehörigkeit, die in Deutschland leben. Da die Verordnung auch auf Testamente anwendbar ist, die vor dem 17. August 2015 errichtet wurden, sollte auch geprüft werden, ob aufgrund der neuen Rechtslage Anpassungsbedarf besteht.
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Dominik Hüren
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