MEDIENTAGE MÜNCHEN 2007 vom 7. bis 9. November Panel 1.2 Printgipfel Von der Zeitung zur Journalismus-Manufaktur
München (ots)
München - "Wir wollen Wettbewerbsgleichheit schaffen, damit sich Zeitungsverlage zu multimedialen Verlagshäusern entwickeln und crossmedial tätig werden können", versprach Staatsminister Eberhard Sinner, Leiter der Bayerischen Staatskanzlei in seiner Begrüßungsrede beim traditionellen Printgipfel der MEDIENTAGE MÜNCHEN. Diese Vorgabe werde auch in die Novellierung des bayerischen Mediengesetzes einfließen. Damit kam der Minister den Wünschen der Zeitungsverleger immerhin in einem Punkt entgegen. Mit ihrer Kernkompetenz hätten die Zeitungen auch im digitalen Zeitalter einen enormen Vorteil: "Die Redewendung, etwas schwarz auf weiß haben, ist nicht veraltet", sagte Sinner. Dass Zeitungsverlage als journalistische Inhalte-Anbieter auch in der Welt des Web 2.0 gute Zukunftschancen besitzen und bereits viel erreicht haben, darüber waren sich alle Diskussionsteilnehmer einig. Der Printgipfel wurde vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und vom Verband Bayerischer Zeitungsverleger (VBZV) veranstaltet. Die Vertreter der Zeitungsverlage ließen keinen Zweifel daran, dass ihnen auf ihrem Weg in die Medienzukunft einige Entscheidungen der Politik schwer im Magen liegen. "Wir erwarten von der Politik, alles zu unterlassen, was der Entwicklung der Presse schadet", betonte Andreas Scherer, Vorsitzender des VBZV und Geschäftsführer der Augsburger Allgemeinen Zeitung, in seiner Einführungsrede. Er forderte, den Zugang zu Rundfunk und Fernsehen zu erleichtern, denn eine Reglementierung, bei der Zeitungsverlage wegen der Gefahr von Doppelmonopolen und Knappheit der Frequenzen nur eingeschränkt im Rundfunkbereich tätig sein dürften, sei heute nicht mehr zeitgemäß. "Die Verlage brauchen alle Möglichkeiten des Internets, deshalb muss auch Abhängigkeit von Plattformbetreibern vermieden werden. Hochwertige Inhalte müssen überall verbreitet werden dürfen", mahnte Scherer weiter an. Eine Gefahr für die Zeitungsverlage liege außerdem in der Einführung von Mindestlöhnen für Postzusteller. Abschließend appellierte der VBZV-Vorsitzende an die Politiker, der geplanten Vorratsdatenspeicherung nicht zuzustimmen. "Überwachung zerstört Vertrauen", sagte er. Vertraulichkeit aber sei für guten Journalismus notwendig. In der anschließenden Diskussionsrunde zeigten sich alle Branchenvertreter einig, dass die Herausforderungen durch das Internet zumindest teilweise erfolgreich gemeistert worden seien. "Das klassische Bild des konservativen Verlegers gibt es schon lange nicht mehr", betonte Helmut Heinen, Präsident des BDZV und Herausgeber der Kölnischen Rundschau. Christoph Keese, Chefredakteur der Welt am Sonntag, ergänzte, dass beispielsweise der Infomarkt im Internet eindeutig von Verlagen dominiert werde. Als "Niederlage für die deutschen Tageszeitungen" wertete dagegen Dr. Uwe Vorkötter, Chefredakteur der Frankfurter Rundschau, dass mit Spiegel Online eine Zeitschrift derzeit den führenden Internetauftritt stelle. "Deshalb ist es jetzt höchste Eisenbahn, noch mehr zu investieren, neue Ideen zu entwickeln und nicht nur die Zeitung ins Netz zu stellen. Noch ist der Markt nicht abgeschlossen", appellierte Vorkötter. "Die Frage, ob wir uns mit dem Internet kannibalisieren oder nicht, sollten wir jetzt einfach in die Schublade stecken und handeln", schloss sich auch Christoph Keese der Devise "Online first" an. Bodo Hombach, Geschäftsführer der WAZ Mediengruppe, nannte noch eine Reihe weiterer Entwicklungsmöglichkeiten. "Wir müssen die überlegenen Möglichkeiten des Mediums auch nutzen. Als Journalismus-Manufaktur bedienen wir den Kunden, wie er es haben will." Dabei müsse man zum Beispiel auch bewegte Bilder ins Netz stellen dürfen, forderte er. Passend zum Schwerpunktthema Internet, saß in diesem Jahr mit Yahoo!-Deutschland-Chef Terry von Bibra erstmals auch ein Vertreter eines reinen Online-Unternehmens auf dem Podium des Printgipfels. Schließlich sei das Kerngeschäft, Inhalte für den Konsumenten zu präsentieren, das gleiche - ob nun auf Papier oder im Netz, betonte von Bibra. "Eigentlich müsste ich Angst vor den Verlagen haben, die mit ihren Marken und ihrem Know-how Inhalte ohne Probleme ins Internet transportieren können. Doch ich sehe uns als Partner", sagte von Bibra. So habe Yahoo! gerade erst in den USA mit 256 Zeitungen Kooperationen abgeschlossen, deren Inhalte ins Netz zu bringen. So etwas sei in Deutschland ebenfalls denkbar. Gegen Ende der Diskussion stellte Moderator Frank Thomsen, Chefredakteur von Stern.de, noch einmal das Konfliktthema Mindestlohn für Postzusteller zur Diskussion. Bodo Hombach bezeichnete den Vorstoß der deutschen Post, die jüngst einen entsprechenden Tarifvertrag mit Verdi geschlossen hat, als reine Abwehrschlacht gegen private Konkurrenten. So sollten noch vor dem Fall des Postmonopols (2008) für die Konkurrenz die Kosten in die Höhe getrieben werden. Auch Helmut Heinen hält die Mindestlohn-Pläne für ein "Eigentor der Politik". Wenn ein privater Postdienst, wie beispielsweise die PIN AG, an der unter anderem der Springer Verlag beteiligt ist, scheitere, gingen schlicht "bis zu 20.000 Arbeitsplätze" verloren.
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