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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu Familienpolitik/Ministerin Schröder von Maria Gruber

Regensburg (ots)

In der Diskussion um das Betreuungsgeld wird mit harten Bandagen gekämpft. Die Widersacher stehen sich unversöhnlich gegenüber, bewerfen sich mit Begriffen wie "Krippen-Wahn" und "Herdprämie" - und die ideologischen Fronten verlaufen nicht etwa nur zwischen Regierung und Opposition. Das Betreuungsgeld ist aber nicht der einzige Bereich, der verdeutlicht, wie mut- und strukturlos die schwarz-gelbe Bundesregierung den Herausforderungen von Familien und Frauen begegnet. Entsprechend ist die Bilanz von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder, die seit zweieinhalb Jahren kontinuierlich an den Realitäten der Frauen und Familien in Deutschland vorbeiregiert. Tatsache ist, dass Frauen deswegen immer später oder keine Kinder bekommen, weil Familie und die heutige Arbeitswelt kaum miteinander vereinbar sind. Junge Paare und vor allem Frauen müssen unzählige Faktoren bedenken, wenn sie sich Nachwuchs wünschen: Ist der Arbeitsplatz sicher? Wie lange soll, kann und will die Frau nach der Geburt des Kindes zuhause bleiben? Wie kann sie wieder ins Berufsleben einsteigen? Reicht das Geld bei einem Teilzeitjob? Ist die Arbeitsstelle des Partners sicher? Gibt es in der Umgebung oder gar im Unternehmen Betreuungsmöglichkeiten, die qualitativ hochwertig und bezahlbar sind sowie mit den Arbeitszeiten übereinstimmen? Leider müssen junge Paare diese Fragen trotz des Ausbaus der Kita-Plätze für unter Dreijährige und dem Rechtsanspruch ab 2013 immer wieder mit Nein beantworten. Wahlfreiheit sieht anders aus. Die Regierung sollte die Milliarden, die für das Betreuungsgeld ab 2013 jährlich fließen sollen, lieber in die Hand nehmen, um dort Wahlfreiheit herzustellen, wo sie nötig ist, anstatt der CSU zu helfen, Wahlgeschenke zu verteilen. Wie wenig Gestaltungswillen Ministerin Schröder mitbringt, hat sie schon bei der Diskussion über die Frauenquote bewiesen. Frauen gelangen nur äußerst schwer an Führungspositionen, und das, obwohl sie genauso qualifiziert und leistungsbereit sind wie ihre männlichen Kollegen. So waren 2010 in den Top-200-Unternehmen gerade einmal 10,6 Prozent der Aufsichtsratspositionen und nur 3,2 Prozent der Vorstandspositionen mit Frauen besetzt. Solange Ministerin Schröder mit ihrer windelweichen "gesetzlichen Verpflichtung zur Selbstverpflichtung" die Unternehmen selbst entscheiden lässt, wie hoch der Anteil von Frauen in ihren Führungsetagen sein soll, wird sich daran auch nichts ändern. Diese "Flexiquote" bringt nur den Unternehmen etwas, nicht aber den Frauen. Dabei könnte eine Frauenquote, wie sie Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen gefordert hatte, wie ein Katalysator für die Herstellung einer familienfreundlichen Arbeitswelt wirken. Den Konflikt mit der Wirtschaft scheut die Familienministerin auch bei der Familienpflegezeit - wiederum auf Kosten der Frauen. Denn Realität ist, dass Frauen zum überwiegenden Teil die häusliche Pflege von Angehörigen übernehmen. Sie reduzieren ihre Arbeitszeit oder steigen sogar ganz aus dem Berufsleben aus, um sich um die pflegebedürftigen Eltern zu kümmern - mit bekannten Folgen: Die unterbrochene Erwerbsbiografie führt zu einem erschwerten Wiedereinstieg in das Berufsleben, der sich dauerhaft oft nur in Form von 400-Euro-Jobs oder Teilzeitarbeit realisieren lässt. Und das sind die besten Voraussetzungen, um im Alter arm zu sein. Ein mit der Elternzeit vergleichbarer Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit wäre angesichts der steigenden Zahl von Pflegebedürftigen eine längst nötige Unterstützung und Anerkennung häuslicher Pflege gewesen. Stattdessen minimiert Schröder wieder einmal das Risiko für die Unternehmen. Anstatt wenig aussagekräftige Bücher wie ihr jüngstes Werk "Danke, emanzipiert sind wir selber!" zu schreiben, sollte Schröder endlich damit beginnen, wirkungsvolle und mutige Rezepte zu entwickeln, mit denen Probleme von Familien und Frauen heutzutage bewältigt werden können. Denn zweieinhalb verlorene Jahre für Familien in Deutschland sind genug.

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Mittelbayerische Zeitung
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