Mittelbayerische Zeitung: Trend mit Bremsklotz Das Fahrrad könnte helfen, einige wichtige Zukunftsaufgaben zu lösen - wenn man es nur lassen würde. Von Holger Schellkopf
Regensburg (ots)
Selten hat eine Redewendung so gut zum Thema gepasst wie diese. Ins rechte Licht setzen sagt man, wenn es darum geht, Dinge richtig darzustellen, von allen Seiten beurteilen zu können. Wie hübsch, wenn ausgerechnet das Thema Beleuchtung geeignet ist, um einen Sachverhalt ins rechte Licht zu setzen. Wie das geht? Ganz einfach: Bei der Eurobike, immerhin die weltgrößte Fachmesse in Sachen Fahrrad, haben sich bis zum Wochenende viele Hersteller auch überschlagen, innovative Beleuchtungssysteme für Räder aller Art zu präsentieren. In den meisten Fällen funktionieren diese Systeme mit Akkus. Mit Blick auf Nachhaltigkeit und Mobilität durchaus sinnvoll - könnte man meinen. Blöd nur, dass der Gesetzesgeber die Sache ganz anders sieht. Die Straßenverkehrsordnung schreibt nämlich vereinfacht gesagt noch immer vor, dass so ein Fahrrad eine Lichtmaschine braucht. Ist ja auch egal, ob gute batteriebetriebene System längst auch in Sachen Sicherheit ebenbürtig sind. Wo kommen wir denn hin, wenn sich beispielsweise das Verkehrsministerium plötzlich die Mühe machen müsste und all die schönen Regeln und Gesetze auf ihre Tauglichkeit in einer Welt zu prüfen, deren Rahmenbedingungen sich ständig und ziemlich grundsätzlich ändern? Genau das ist nämlich die Problemlage, die sich am Beispiel Beleuchtung wunderbar ins rechte Licht setzen lässt. Während die Menschen, nachvollziehbarerweise besonders in urbaneren Gegenden, immer häufiger das Fahrrad als Erstfortbewegungmittel nutzen, rennt die Politik konzeptlos hinterher. Statt sinnvoll zu gestalten, wird sinnlos gebrandmarkt. Der Bundesverkehrsminister gibt da gerne den Lautsprecher und verbreitet das Märchen von den Rambo-Radlern, fordert ein konsequentes Vorgehen gegen die "Verrohung dieser Kampf-Radler". Hinterfragt wird das Ganze sicherheitshalber nicht, dann müsste man ja ständig auf die eigene Untätigkeit und Konzeptlosigkeit verweisen. Es ist schlichtweg so, dass sich besonders in den Städten die Zahl der Radfahrer deutlich erhöht hat. Die Grunde dafür sind vielfältig. Während die einen ganz freiwillig und mit Blick auf die Fitness umsteigen, sehen andere ihren Anteil am Umweltschutz - und für immer mehr Menschen ist das Fahrrad die beste Möglichkeit, den hohen Kosten für das Auto zu begegnen. Hinzu kommt, dass durch das geradezu explodierende Genre der E-Bikes auch weniger sportliche Menschen in die Lage versetzt werden, ohne Probleme etwas längere Strecken zurückzulegen. Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Gesundheit, Wirtschaftsfaktor - samt und sonders zentrale Zukunftsaufgaben. Statt diese Steilvorlagen aufzunehmen und zu verwerten reagiert die Politik bestenfalls mit Gleichgültigkeit, eher noch Verständnislosigkeit. Ein ziemlich deutliches Zeichen für die fehlende Wertschätzung ist die Absenz des Verkehrsministers bei einer Messe wie der Eurobike. Statt mit Ideen wie den lokalen Autokennzeichen auf die Populismuspauke zu hauen, hätte sich Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer lieber mal mit Vertretern der Fahrradbranche zusammen- und auseinandersetzen sollen. Dann würde sich ganz schnell zeigen, dass in vielen Bereichen Handlungsbedarf herrscht. Gerade den Städten sollte dabei geholfen werden, konstruktiv mit der steigenden Zahl der Radfahrer umzugehen. Dabei muss auch über Themen wie die Sinnhaftigkeit der Radwegepflicht oder die notwendige Breite für Radwege gesprochen werden. Wenn diese Themen sinnvoll angegangen werden, wird auch die Zahl der ohnehin nicht so häufig vertretenen Rambo-Radler weiter sinken. Wer nämlich das Gefühl hat, dass ihm auch Rechte zugestanden werden, der ist viel eher bereit, seine Pflichten zu erfüllen. Das funktionierende Miteinander der unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer muss das oberste Ziel sein, nicht das Gegeneinander oder die Skandalisierung von vermeintlichen Problemfällen . Und vielleicht, ja vielleicht, geht ja dann beim Nachdenken sogar in Sachen Beleuchtung ein Licht auf.
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