Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zu Blitzer-Warnungen
Regensburg (ots)
Rasen, drängeln, Lichthupe, Vogelzeigen - gestern Abend auf dem Weg nach Hause wieder erlebt? Wenn sie sich hinters Steuer setzen, mutieren manche Leute zum wilden Tier. Viel zu viele Autofahrer lassen Gesetze und Regeln nur für die Anderen gelten. Daher regiert auf deutschen Straßen die Rücksichtslosigkeit. Die traurigen Folgen sind nachzulesen in der jüngsten Unfallstatistik: Erstmals seit 20 Jahren ist die Zahl der Verkehrstoten 2011 wieder gestiegen - und zwar gleich um 9,4 Prozent. 3991 Menschen wurden getötet - Tausende so schwer verletzt, dass sie den Rest ihres Lebens an den Folgen leiden. Eine Hauptursache dafür ist Raserei. Dass es nicht noch mehr Opfer gibt, verhindern Tempolimits an Gefahrenstellen - begleitet von Kontrollen und Sanktionen. Daher mutet der Vorstoß aus der Koalition, Blitzerwarner zu erlauben, wie Verkehrspolitik aus dem vergangenen Jahrhundert an. Vielleicht wollen Union und FDP den Slogan "Freie Fahrt für freie Bürger" reanimieren. Denn mit solchen Plattitüden gingen Wahlkämpfer schon oft erfolgreich auf Stimmenfang. Doch die Argumentation für die Legalisierung von Radarwarnern ist nicht schlüssig. Die Autofahrer sollen verstärkt auf Unfallschwerpunkte hingewiesen werden, lautet die Begründung. Aber das werden sie bereits durch Warnschilder und Tempolimits. Die schwarz-gelbe Logik gibt das verheerende Signal: Die Rennfahrer der Nation müssen weniger Strafen fürchten. Alle Bemühungen, Autofahrer zu Rücksicht und Vernunft zu erziehen, werden dadurch konterkariert. Man darf gespannt sein, ob Peter Ramsauer den Blödsinn unterbindet. Denn bereits mit seiner Reform der Flensburger Punkte-Datei entpuppte er sich als Minister Bleifuß, weil ausgerechnet notorische Verkehrssünder entlastet werden. Falls Ramsauer nun auch noch öffentlich ein Herz für Raser zeigt, entlarvt er sich als unverbesserlicher Auto-Narr.
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