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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu USA/"Sandy"/Obama: "Mehr Öko, Obama!"

Regensburg (ots)

Vom Weltall aus betrachtet erinnert der Hurrikan "Sandy" an die fiktiven Satellitenaufnahmen der Monsterstürme aus dem Katastrophenfilm "The Day After Tomorrow". In dem Hollywood-Streifen beschreibt der Regisseur Roland Emmerich, wie durch den Klimawandel verursachte Überschwemmungen und Tornados von apokalyptischem Ausmaß Megastädte wie New York und Los Angeles zerstören, ehe die Zivilisation in Nordamerika und Europa von einer neuen Eiszeit ausgelöscht wird. Natürlich ist die plötzliche Abkühlung der nördlichen Erdhalbkugel durch ein Versiegen des Golfstroms innerhalb weniger Tage wissenschaftlich so nicht haltbar. Der Klimawandel ist ein schleichender Prozess, der sich nicht von heute auf morgen, sondern in Jahrzehnten vollzieht. Doch die ersten bösen Folgen spüren wir bereits jetzt. Die schrecklichen Bilder, die uns aus New York und anderen Städten der US-Ostküste erreichen, entstammen leider nicht einem Science-Fiction-Film. Dabei hielt man noch vor wenigen Jahren Wirbelstürme mit einer derartigen Zerstörungskraft nur in tropischen Regionen wie der Karibik für möglich. Dass "Sandy" nun im spätherbstlichen New York wütet, hätte man in den 90er-Jahren noch als unrealistisches Szenario abgetan. Doch damit nicht genug: Von Jahr zu Jahr dauert die Hurrikan-Saison länger und die Energie der Stürme nimmt zu. Die USA hätten also gute Gründe, den unheilvollen "Frankenstorm" als Menetekel zu verstehen und ihn in Verbindung zu bringen mit der Jahrhundertdürre, von der Amerika in diesem Sommer heimgesucht wurde. Leugner des Klimawandels wie die ultrakonservative "Tea Party" mögen das Zusammentreffen dieser Katastrophen als Zufall bezeichnen. Doch Fakt ist, dass sich die Wetterextreme als Folge der Erderwärmung häufen. Das Land des unbegrenzten Energieverbrauchs steuert mit seinem enormen Ausstoß von Treibhausgasen einen beträchtlichen Anteil dazu bei. Zwar haben die Chinesen die USA als größten Klimaverpester der Welt abgelöst. Doch pro Kopf verbraucht ein US-Bürger immer noch mit Abstand am meisten Erdöl, Erdgas und Kohle. US-Präsident Barack Obama, der vor vier Jahren auch mehr Klimaschutz versprochen hatte, nahm dieses bei seinen Landsleuten eher unpopuläre Thema wieder von seiner Agenda und vollzog einen Schwenk. So förderte er umstrittene Abbaumethoden fossiler Energieträger wie das Gasfracking oder die Ausbeutung von Ölsanden mit dem Ziel, unabhängig von Importen aus der Golfregion zu werden. Und um Hunderttausende gut bezahlte Jobs zu schaffen. Doch klimapolitisch ist das eine Bankrotterklärung. Denn Obama signalisiert: Solange sich noch ein Tropfen Erdöl und ein Kubikzentimeter Erdgas aus dem Boden pressen lassen, machen wir weiter wie bisher. Es heißt immer wieder, die Umwelt stelle keine Rechnung. Doch das stimmt nicht. Nach ersten Schätzungen hat der Super-Sturm "Sandy" Schäden in Höhe von mindestens 20 Milliarden Dollar angerichtet. Auch für die Ernteausfälle vom Sommer müssen die US-Steuerzahler und die Versicherungen voraussichtlich mit zweistelligen Milliardensummen geradestehen. Warum besitzt Obama nicht den Mut, nach den Warnschüssen der Natur diese Gegenrechnung aufzumachen? Mehrfach in der jüngeren Geschichte nutzten Regierungschefs Katastrophen geschickt für politische Zwecke - Gerhard Schröder als Held der Oderflut, oder Angela Merkel, als sie mit dem Atomausstieg die Lehren aus Fukushima zog. Obamas Vorgänger George W. Bush wiederum erwies sich als Totalversager, als er tatenlos zusah, wie New Orleans nach dem Hurrikan "Katrina" unterging. Falls der amtierende US-Präsident die Chance beim Schopf packt, sich als Krisenmanager zu profilieren, könnte ihm das einen Vorteil gegenüber dem Republikaner Mitt Romney verschaffen. Bei einem Sieg müsste Obama die zweite Amtszeit aber als Befreiung von umweltpolitischen Fesseln begreifen. Denn wann, wenn nicht jetzt, erklärt die Regierung den Amerikanern, dass die Party nicht endlos weitergeht? Autor: Stefan Stark

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