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Mittelbayerische Zeitung: Diffuses Gefühl der Ausgegrenztheit Der stille und laute Protest gegen das Sicherheitskonzept offenbart ein Kommunikationsdesaster. Leitartikel von Heinz Gläser

Regensburg (ots)

Ein Befreiungsschlag ist das nicht. Alle Beteiligten hatten sich, um in der Sprache des Fußballs zu bleiben, zuletzt ins Abseits manövriert. Also galt für die Deutsche Fußball Liga (DFL) das ebenfalls aus dem Sport bekannte Motto: Augen zu und durch! Die Profiklubs der ersten und zweiten Liga winkten das Konzept "Sicheres Stadionerlebnis" trotz aller Fan-Proteste durch. Sie taten dies zu Recht. Gewiss hatte der organisierte Fußball in den Siebziger- und Achtzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts ein weit gravierenderes Gewaltproblem als heute. Dennoch: Die Exzesse der vergangenen Spielzeiten dürfen nicht ohne Konsequenzen bleiben. Es kann nicht Normalität sein, wenn in Bundesliga-Städten an Spieltagen quasi Ausnahmezustand herrscht. Es ist nicht hinnehmbar, wenn sich deutschlandweit in den Stadien an jedem Wochenende widerlicher Fremdenhass manifestiert. Und es ist im Milliarden-Geschäft Profifußball gesellschaftlich nicht vermittelbar, dass die Kosten für einen halbwegs geordneten Spielbetrieb auf die Allgemeinheit abgewälzt werden, ohne diese nach Möglichkeit zu minimieren. Das neue Sicherheitskonzept ist keine Keule, mit der eine gewachsene Fan-Kultur in Deutschland zerschlagen wird. Die DFL dreht an einigen Stellschrauben und bringt in vielen Punkten eine lange geübte Praxis zu Papier. Nichts, was die lauten Proteste und die stille "12:12"-Kampagne wert wäre. Hinter der Aufregung verbirgt sich vielmehr ein riesiges Kommunikationsdesaster. Und es geht um ein diffuses Gefühl der Ausgegrenztheit, das sich in den Reihen der Anhänger breitgemacht hat. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und die DFL hatten in der Debatte über die Legalisierung von Pyrotechnik in den Stadien falsche Hoffnungen geweckt. Alsdann blieben die Anhänger bei der Ausarbeitung des Sicherheitskonzepts lange außen vor. Die Politik, namentlich einige Innenminister, und die Polizeigewerkschaften, witterten die Chance, sich als Hardliner zu profilieren, indem sie das Aus für Stehplätze und die Kostenübernahme für Einsätze ins Spiel brachten. Der Profifußball wähnte sofort das geheiligte Prinzip der Autonomie des Sports in Gefahr - und natürlich auch den gedeihlichen Fortgang der Geschäfte. Die Atmosphäre war vergiftet. Fertig war eine Gemengelage, die fortan jeden Dialog mit den Fans erschwerte. Die Diskussion um das Sicherheitspapier mag zweitrangig sein. Aber sie dient als Ventil. In den Kreisen der klassischen Fußballfans - beziehungsweise jenen, die sich als solche verstehen - grassiert ein Unbehagen, das sich aus diesem Anlass Luft macht. Sie fühlen, wie sich ihr Sport ihnen entfremdet. Sie sehen die kostspieligen VIP-Logen, die sündteuren Business-Seats. Sie sehen, wie sie zur Staffage werden, zum folkloristischen Element, mehr geduldet als erwünscht. Sie hören, wie Multimillionäre etwas von Vereinstreue faseln und wissen, dass das eine hohle Phrase ist. Vor diesem Hintergrund wäre es höchste Zeit, dass sich beide Parteien, die (vernünftigen) Fans auf der einen Seite sowie Verbände und Vereinsfunktionäre auf der anderen, eine Beziehungstherapie gönnen. Der Gedanke mag realitätsfern, ja allzu romantisch klingen. Aber ohne Romantik funktioniert Liebe nun mal nicht - auch nicht die Liebe zum Fußball.

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