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Mittelbayerische Zeitung: Spanndend, verworren und überraschend Ein möglicher hauchdünner Erfolg für Schwarz-Gelb wäre noch keine Weichenstellung für den Bund. Von Reinhard Zweigler

Regensburg (ots)

Dramatik pur an der Leine. Ein mögliches Patt zwischen dem schwarz-gelben und dem rot-grünen Lager bei der Niedersachsen-Wahl oder doch ein hauchdünner Wimpernschlag-Vorsprung für das christlich-liberale Bündnis? Die totgesagte FDP profitierte in ungekanntem Maße von Leihstimmen der Union. Und die SPD wiederum redet sich das Wahlergebnis schön - und hält am Fettnäpfchen-Kandidat Peer Steinbrück fest. So spannend, so verworren, so überraschend kann Demokratie sein. Viel war in den Urnengang in Niedersachsen hineingelegt worden. Eine klare Abrechnung mit Schwarz-Gelb versprachen sich SPD und Grüne, die in der Tat bis vor wenigen Wochen die Umfragen mit großem Vorsprung anführten. Doch Wahlen werden nun mal per Stimmzettel entschieden und nicht in irgendwelchen Meinungsbefragungen. Zumal immer mehr Wählerinnen und Wähler mit ihrer Entscheidung bis kurz vor dem Urnengang abwarten. Die letzten Tage, die letzten Eindrücke aus dem Wahlkampf werden somit immer wichtiger. Warum Rot und Grün zuletzt derart absackten, muss sicher gründlich untersucht werden. Es lag nicht nur am ungeschickt bis äußerst tapsig agierenden Pleiten-Pech- und Peer-Kanzlerkandidaten der SPD. Nur ihm die Schuld in die Schuhe zu schieben, wäre viel zu einfach. Offenbar gab es in Niedersachsen keine wirkliche Wechselstimmung. Es gab keine wirklich zündenden Themen, mit denen SPD und Grüne der Union die Wähler hätten abjagen können. Und der beliebte Landesvater David McAllister lag klar vor dem weithin unbekannten, ziemlich hölzernen SPD-Kandidaten Stephan Weil. Außerhalb der Landeshauptstadt hatte es der SPD-Mann jedenfalls deutlich schwerer. Parallelen zum Wahlkampf in Bayern drängen sich an dieser Stelle geradezu auf. Zumindest, was die personelle Konstellation zwischen Landesvater Horst Seehofer und seinem SPD-Herausforderer Christian Ude betrifft. Aber freilich wachsen auch im so genannten bürgerlichen Lager die Bäume nicht in den Himmel. Allen Beteuerungen zum Trotz, der FDP keine "Leihstimmen" zu organisieren, war die Blutzufuhr für die siechende Rösler-Partei der Schlüssel zum möglichen knappen Erfolg. Viele Unions-Wähler gaben ihre Erststimme dem eigenen Kandidaten, die Zweitstimme jedoch wanderte zur FDP. Das ist ein bemerkenswertes taktisches Verhalten, dass in diesem Ausmaß unbekannt war. Auch die Bayern-FDP wäre über eine Blutzufuhr aus christsozialen Adern nicht unzufrieden. Doch abseits der Taktik hatten auch CDU und FDP keine wirklich packenden Themen zu bieten. In Niedersachsen intonierten die Christdemokraten das "Weiter-so-mit-Merkel" als "Weiter-so-mit-McAllister". Der Kanzlerinnen-Getreue, dem bereits Posten in Berlin angedichtet wurden, wenn er in Hannover scheitern sollte, kann von seinem Amtsbonus zehren. Vielleicht war auch das bei der knappen Wahl ein Schärflein, dass die Waage zugunsten von Schwarz-Gelb kippte. Nicht unerwartet hingegen flog die Linke im hohen Bogen aus dem niedersächsischen Landtag. Die Erfolglosigkeit im Westen setzte sich fort. Und die noch vor einem Jahr euphorisch gefeierten Piraten dürfen erst gar nicht in den Landtag einziehen. Sie haben ihren Zenit offenbar bereits wieder überschritten. Flaute statt frischer Brise. Die Wähler beider Parteien sind freilich für Rot und Grün hochinteressant.

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