Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zur Entscheidung über Technische Hochschulen in Bayern: Nur Gewinner von Louisa Knobloch
Regensburg (ots)
Gleich vier Technische Hochschulen gibt es künftig im Freistaat - im Wahljahr soll keiner zu kurz kommen.
Die Oberpfalz bekommt eine Technische Hochschule - Niederbayern, Mittelfranken und Oberbayern allerdings auch. Das Kabinett hat gestern allen vier übriggebliebenen Kandidaten - der Hochschule Regensburg, die sich gemeinsam mit Amberg-Weiden beworben hatte, Deggendorf, Nürnberg und Ingolstadt - den Titel zuerkannt. An den einzelnen Standorten war die Freude über den Wettbewerbserfolg groß. Dabei kann man die Entscheidung des Kabinetts durchaus auch kritisch sehen. Zwar wird die bayerische Hochschullandschaft nun ein Stück ausgeglichener: Bislang gibt es in Bayern nur eine Technische Universität - und zwar in der Landeshauptstadt. Auch außeruniversitäre Forschungseinrichtungen wie Max-Planck- oder Fraunhofer-Institute konzentrieren sich bislang in und um München. Das Wissenschaftsministerium ist mittlerweile dabei, hier gegenzusteuern - die Entscheidung für mehrere Technische Hochschulen über den Freistaat verteilt ist also ein konsequenter Schritt. Allerdings bleibt das Gefühl, dass die Politik im Wahljahr lieber mit der Gießkanne Geschenke verteilt, um ja niemanden zu vergraulen, anstatt eine klare Entscheidung für einen der Bewerber zu treffen. Die im Haushalt eingeplanten Mittel in Höhe von sechs Millionen Euro müssen sich die vier Wettbewerbssieger nun teilen - wie gut sich damit die geplanten Konzepte noch umsetzen lassen, wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Die Mittel kommen aus dem Aktionsplan "Demografischer Wandel, ländlicher Raum". Vor diesem Hintergrund schienen die Bewerbungen der Hochschulen Regensburg mit Amberg-Weiden und Deggendorf besonders aussichtsreich. Der Titel soll die Hochschulen für Studenten attraktiver machen und so dazu beitragen, junge Leute in der Region zu halten - während des Studiums und nach dem Abschluss als Fachkräfte. Denn eines ist den Verantwortlichen klar: Wer seine Heimat verlässt, um anderswo zu studieren, der kommt so schnell nicht wieder zurück. Niederbayern und die nördliche Oberpfalz werden die Auswirkungen des demografischen Wandels stärker zu spüren bekommen als die wirtschaftlich starke Region Regensburg. Aber selbst hier fehlen einem Gutachten des Fraunhofer-Instituts ISI zufolge bereits heute Fachkräfte im MINT-Bereich. Dass die beiden Oberpfälzer Hochschulen auf Synergien setzen, um die Region auch künftig mit Fachkräften zu versorgen, ist ein Konzept, dass offenbar auch bei den Gutachtern gut ankam. Ländlicher Raum sind Nürnberg und Ingolstadt nicht, auch die Folgen des demografischen Wandels dürften dort noch lange nicht zu spüren sein. Eine Technische Hochschule in Nürnberg war aber immer wieder im Gespräch. So hatte der damalige Umweltminister Markus Söder im Juni 2011 - also vor dem Wettbewerb - bei einem Besuch in seiner Heimatstadt Nürnberg angekündigt, dass die Georg-Simon-Ohm-Hochschule zu einer Technischen Hochschule ausgebaut werden solle. Und Ingolstadt ist wiederum die Heimatstadt von Horst Seehofer. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Generell ist der Vorschlag, das Profil der Hochschulen für angewandte Wissenschaften zu schärfen, ja gut. Der Wissenschaftsrat hatte das 2010 gefordert. Neben Technischen Hochschulen könnte es künftig auch andere Schwerpunkte geben, beispielsweise die Sozialwissenschaften. Wichtig ist nun, dass der Freistaat seine vier frisch gebackenen Technischen Hochschulen auch künftig finanziell unterstützt, damit sie ihre Entwicklungskonzepte in die Tat umsetzen können. An den Hochschulen selbst wird jetzt erst einmal gefeiert. Denn egal, welche Gründe zur Entscheidung geführt haben: Gewinner sind sie alle.
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