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Mittelbayerische Zeitung: Interview der Mittelbayerischen Zeitung mit Bundesbildungsministerin Johanna Wanka: "Mehr Geld für Studierende und Universitäten"

Regensburg (ots)

MZ: Was wollen Sie als Ministerin mit gerade noch knapp vier Monaten Amtszeit erreichen?

Wanka:Ich sehe drei große Themen: Zwei, der Hochschulpakt und die Qualitätsoffensive Lehrerbildung, sind mit den Länderkollegen abschließend verhandelt. Außerdem kämpfe ich weiter für eine Grundgesetzänderung, damit der Bund neben den Ländern auch Verantwortung für die Hochschulen bekommt. Ich bin ebenfalls froh darüber, dass das Forschungsforum Energiewende, das allein 180 Hochschulen sowie 120 Forschungszentren und -institute vereint, im April gestartet werden konnte. Wir haben im Bereich der Gesundheitsforschung mehrere Aktionspläne auf den Weg gebracht, etwa zur individualisierten Medizin oder zu Prävention und Ernährung. Oder nehmen sie die neuen Möglichkeiten der Genomidentifikation, die gleichzeitig eine intensive Diskussion von ethischen Fragen aufgeworfen hat. Was muss ich als Patient über erblich bedingt mögliche Erkrankungen wissen? Gibt es ein Recht auf Nichtwissen? Ärzte müssen ihre Patienten nun viel umfassender beraten.

MZ: Muss man wirklich noch erforschen, dass Rauchen oder Übergewicht ungesund sind und das Leben verkürzen?

Wanka:Sie werden staunen, wie viel neue Erkenntnisse unsere Forscher zu scheinbar bekannten Tatsachen auf den Tisch legen. Mit Blick auf den demografischen Wandel spielt etwa Ernährung im Alter eine ganz neue Rolle. Wir brauchen wissenschaftlich fundierte Informationen und Empfehlungen, die uns gesund älter werden lassen. Ich meine auch, dass Kinder in den Schulen viel mehr über gesunde Ernährung, über gesundes Kochen lernen sollten. Dass viele Schulen beim Schulessen auf Catering umgestellt haben, ist freilich ein Problem. Aber das kann man lösen, genau wie hygienische Fragen, damit Kinder in der Schulküche an das Kochen herangeführt werden dürfen.

MZ: Jetzt kommt die gute Köchin Johanna Wanka durch. Haben Sie sich einmal mit der Hobbyköchin Angela Merkel ausgetauscht?

Wanka: Das haben wir noch nicht getan.

MZ: Sie haben vor kurzem Richtfest im neuen Ministeriumsgebäude gefeiert. Wollen Sie es 2014 als Ministerin beziehen?

Wanka: Ich bin begeistert, dass ich seit 1990 etwas gestalten kann, was ich bis dahin in der DDR nicht konnte. Mir macht die Arbeit im jetzigen Amt daher große Freude. Davon unabhängig finde ich, dass Politik langfristig gedacht und angelegt werden sollte, besonders bei Bildung und Forschung. Alles andere wird sich nach der Wahl zeigen.

MZ: Wie enttäuscht waren Sie, dass in den Grundzügen des Unions-Wahlprogramms Forschung und Bildung nicht enthalten sind?

Wanka: Das Unions-Wahlprogramm wird gerade erarbeitet. Bildung und Forschung sind zwei zentrale Säulen unserer Politik. Keine Sorge, beides wird im Wahlprogramm enthalten sein. Dafür steht die Kanzlerin. Seit 2005 hat die Bundesregierung die Ausgaben für Bildung und Forschung um 80 Prozent auf aktuell fast 14 Milliarden Euro erhöht.

MZ: Was bringt der neue Hochschulpakt, der am 13. Juni von Kanzlerin und Ministerpräsidenten unterzeichnet werden soll?

Wanka: Er bringt zuerst Sicherheit für die Studierenden und die Hochschulen, bei denen insgesamt mehr Geld ankommt. Es ist ein großer Erfolg, dass sich alle Länder an der Finanzierung beteiligen. Der Bund wird im Rahmen des Hochschulpaktes von 2011 bis 2015 nunmehr sieben Milliarden Euro ausgeben, um die wachsende Zahl von Studierenden zu bewältigen. Wir erhöhen unseren Anteil somit um über zwei Milliarden Euro. Wobei die neuen Bundesländer für das Erhalten der Studienplätze einen Pauschalbetrag bekommen.

MZ: War Ihr Vorstoß für ein neues Bafög nur ein Testballon, da es vor der Wahl voraussichtlich noch zu keiner Einigung mit den Ländern kommt?

Wanka: Nein, es finden zurzeit konkrete Verhandlungen statt. Ich habe meinen Länderkollegen schon Vorschläge gemacht, was kostet etwa die Anhebung von Freibeträgen, was kostet die Einbeziehung des Teilzeitstudiums, was die besondere Förderung von Familien mit Kindern. Die Altersgrenze für den Bezug von Bafög ist ja bereits auf 35 Jahre angehoben worden. Wird sind daher auf einem guten Wege und ich hoffe, dass die Abstimmung der Länder unabhängig von der Wahl zügig vorangeht. Dann können wir als nächsten Schritt die Bafög-Reform in ein Gesetz umsetzen.

MZ: Ist die Grundgesetzänderung von der Agenda genommen worden, damit sich der Bund direkt an der Finanzierung von Hochschulen beteiligen kann - und nicht nur an bestimmten Projekten?

Wanka: Ich werbe bei jeder Gelegenheit für eine solche Grundgesetzänderung. Unser Gesetzesvorschlag liegt ja schon lange auf dem Tisch, wird aber von SPD und Grünen im Bundesrat blockiert. Deutschland wird seinen Wohlstand nur erhalten können, wenn wir gut sind in Forschung und Innovation. Bei den großen Forschungseinrichtungen, den Max-Planck- oder den Helmholtz-Instituten, gibt es eine gemeinsame Strategie von Bund und Ländern, bei den Hochschulen jedoch nicht. Das müssen wir ändern. Eines geht allerdings nicht, dass der Bund nur den Zahlmeister spielt und sonst keine inhaltlichen Kompetenzen und Verantwortung bekommt.

MZ: Wann wird jeder Lehramtsabschluss in Schleswig-Holstein oder Brandenburg auch in Baden-Württemberg und Bayern anerkannt und umgekehrt?

Wanka: Bislang war die Anerkennung dieser Abschlüsse eine Kann-Bestimmung. Wir haben lange heftig mit den Ländern gerungen, aber jetzt liegt die konkrete Vereinbarung vor, dass die Abschlüsse künftig gegenseitig anerkannt werden. Das wird in entsprechenden Ländergesetzen bis zum Ende des Jahres umgesetzt. Länder, die dies nicht tun, erhalten kein Geld des Bundes für die Qualitätsoffensive Lehrerbildung. Das haben wir so verhandelt.

MZ: War das Deutschland-Stipendium, das gerade mal 13 000 von über zwei Millionen Studierende beziehen, ein Flop?

Wanka: Nein, dieses Stipendium gibt es ja erst seit zwei Jahren. Die Zahl der Empfänger hat sich in dieser kurzen Zeit bereits ordentlich entwickelt, zuletzt verdoppelt. Wir haben also in der kurzen Zeit im Vergleich zu etablierten Fördermöglichkeiten schon viel erreicht. Aus der privaten Wirtschaft, von Unternehmen und Stiftungen sind auf diese Weise rund 30 Millionen Euro akquiriert worden, die direkt an Studenten gehen.

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